Maßstäbe für die Zusammenballung von Einkünften nach § 34 EStG

Eine Entschädigung führt zu außerordentlichen Einkünften nach § 34 Abs. 2 EStG, wenn sie zusammengeballt zufließen, weil der Steuerpflichtige infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einschließlich der Entschädigung in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge erhalten würde (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung) .

Was der Steuerpflichtige bei normalem Ablauf der Dinge erhalten würde, kann nur aufgrund einer hypothetischen und prognostischen Beurteilung ermittelt werden; dabei ist nicht auf die Verhältnisse des Vorjahres abzustellen, wenn die Einnahmesituation durch außergewöhnliche Ereignisse geprägt ist und sich daraus keine Vorhersagen für den (unterstellten) normalen Verlauf bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ableiten lassen .

BFH Urteil vom 27.1.2010, IX R 31/09

 Begründung:

 Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG ist die auf außerordentliche Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach § 34 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 EStG (Fünftelregelung) zu berechnen. Als außerordentliche Einkünfte kommen nur die in § 34 Abs. 2 EStG aufgeführten Einkünfte in Betracht. Das bedeutet aber nicht, die –hier im Streitjahr vereinnahmte– Entschädigung (§ 24 Nr. 1 EStG) sei ohne weiteres ermäßigt zu besteuern. Vielmehr ist der Wortlaut des § 34 Abs. 2 EStG entsprechend dem Normzweck, die Auswirkungen des progressiven Tarifs abzuschwächen, auf solche Einkünfte zu beschränken, die "zusammengeballt" zufließen. Davon ist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum einschließlich der Entschädigung insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge erhalten hätte.

 Die dafür notwendige, hypothetische und prognostische Betrachtung orientiert sich grundsätzlich an den Verhältnissen des Vorjahres, die dem Veranlagungszeitraum, in dem die Entschädigung zufließt, am nächsten liegen. Eine darauf aufbauende Vergleichsberechnung lediglich am Maßstab des Vorjahres ist aber keineswegs zwingend. Sie gilt nur für den Normalfall, in dem die Verhältnisse des Vorjahres –z.B. im Zuge einer normalen Gehaltsentwicklung– auch diejenigen des Folgejahres mit großer Wahrscheinlichkeit abbilden. Sie gilt aber dann nicht, wenn die Einnahmesituation des Vorjahres durch außergewöhnliche Ereignisse geprägt ist und sich daraus keine Vorhersagen für den (unterstellten) normalen Verlauf bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ableiten lassen. So beanstandet es der BFH insbesondere bei variablen Gehaltskomponenten nicht, wenn im Wege einer Prognoseentscheidung (auch) auf die Vorjahre zurückgegriffen wird.

 

 

Reisekosten eines Unternehmers

Die bei einer Auslandsreise beabsichtigte Anbahnung von Kontakten zu Politikern und Unternehmern in den besuchten Ländern geht im Sinne einer betrieblichen Veranlassung der Reise zumindest dann über ein bloß allgemeines Interesse an politischen oder wirtschaftspolitischen oder gesellschaftspolitischen Informationen hinaus, wenn nicht auszuschließen ist, dass der Teilnehmer die erwarteten Informationen und Kontakte für seine unternehmerischen Ziele nutzen kann .

Bei Delegationsreisen mit hochgestellten Politikern kann aufgrund der Vorauswahl der Teilnehmer durch das zuständige Ministerium im Regelfall davon ausgegangen werden, dass es sich um Repräsentanten von Unternehmen handelt, die international ausgerichtet sind oder dies anstreben.

BFH Urteil vom 9.3.2010, VIII R 32/07

Erläuterungen:

Nimmt ein Unternehmer an offiziellen Delegationsreisen von Regierungsmitgliedern und am World Economic Forum teil, so können die dafür anfallenden Reisekosten als Betriebsausgaben abziehbar sein. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 9. März 2010 VIII R 32/07 entschieden.

Der Kläger hatte als Mitglied einer Wirtschaftsdelegation an Auslandsreisen des Ministerpräsidenten und des Wirtschaftsministers seines Bundeslandes und – zusammen mit seiner Ehefrau – auch an Tagungen des Weltwirtschaftsforums in Davos teilgenommen. Er ist Alleingesellschafter einer Aktiengesellschaft und ebenso wie sein Ehefrau auch deren Vorstand. Die Kosten der jeweiligen Reisen hatte die Aktiengesellschaft übernommen.

Das Finanzgericht (FG) war der Meinung, die Reisen seien überwiegend privat veranlasst. Die von den Klägern erhoffte Anbahnung geschäftlicher Kontakte sei zu unsicher gewesen, um von einem betrieblichen Interesse ausgehen zu können. Das FG hat deshalb verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe der Reisekosten angenommen.

Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Im Streitfall kam eine Aufteilung der Reisekosten nach den beruflichen und privaten Zeitanteilen der Reise nicht in Betracht. Den Reisen lag auch kein unmittelbarer betrieblicher Anlass zugrunde. Deshalb war die betriebliche Veranlassung anhand einer umfassenden Abwägung aller für und gegen sie sprechenden Umstände zu prüfen.

Die vom FG vorgenommene Abwägung beurteilte der BFH als fehlerhaft. Deshalb muss es nun im zweiten Rechtsgang noch einmal prüfen, ob die Reisen beruflich veranlasst waren. Nach Auffassung des BFH ist aufgrund der Auswahl der Reiseteilnehmer durch das zuständige Ministerium im Regelfall die von den Klägern in Anspruch genommene Aussicht auf Anbahnung von Geschäftskontakten als hinreichendes betriebliches Interesse anzuerkennen. Eine private Veranlassung der Reisen sei aufgrund des Programmablaufs grundsätzlich ausgeschlossen gewesen.

 

Betriebsveranstaltung als unentgeltliche Arbeitnehmerzuwendung

Betriebsveranstaltung als unentgeltliche Arbeitnehmerzuwendung

Beschluss vom 31.3.2010, V B 112/09

Begründung:

Nach § 3 Abs. 1b Nr. 2 UStG und § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG werden einer entgeltlichen Leistung gleichgestellt unentgeltliche Leistungen durch einen Unternehmer für sein Personal für dessen privaten Bedarf, soweit keine Aufmerksamkeiten vorliegen. Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine nach den genannten Vorschriften steuerbare unentgeltliche Leistung (auch) vor, wenn Leistungen des Arbeitgebers zwar aus betrieblichem Anlass erfolgen, die Leistung jedoch den privaten Bedarf der Arbeitnehmer –wie z.B. die Beförderung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder die Abgabe von Mahlzeiten– befriedigt. Anders ist es, wenn besondere Umstände vorliegen und die Leistung deshalb durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist (EuGH-Urteile vom 16. Oktober 1997 C-258/95, Fillibeck, Slg. 1997, I-5577, Umsatzsteuer-Rundschau 1998, 61 Rdnrn. 26 ff.; vom 11. Dezember 2008 C-371/07, Danfoss A/S und AstraZeneca A/S, BFH/NV 2009, 336 zur Abgabe von Mahlzeiten; BFH-Urteile vom 10. Juni 1999 V R 104/98, BFHE 188, 466, BStBl II 1999, 582; vom 27. Februar 2008 XI R 50/07, BFHE 221, 410, BStBl II 2009, 426; vom 29. Mai 2008 V R 17/07, BFH/NV 2008, 1893; vom 29. Mai 2008 V R 12/07, BFHE 221, 525, BStBl II 2009, 428). Der Zweck dieser Bestimmungen zur Entnahmebesteuerung besteht darin, sicherzustellen, dass der Steuerpflichtige, der für seinen privaten Bedarf oder den seines Personals einen Gegenstand entnimmt oder eine Dienstleistung erbringt, und der Endverbraucher, der einen Gegenstand oder eine Dienstleistung gleicher Art erwirbt, gleichbehandelt werden (z.B. EuGH-Urteile "Fillibeck" und "Danfoss A/S und AstraZeneca A/S").

Zu der grundsätzlichen vergleichbaren Fragestellung bei Leistungen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer hat der BFH entschieden, (nur) solche Vorteile seien kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erwiesen. Ein Vorteil werde dann im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen sei, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund stehe. In diesem Fall könne ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726, m.w.N.). Für Betriebsveranstaltungen (Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht) hat der BFH konkretisiert, das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Durchführung solcher Veranstaltungen sei in der Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer und in der Verbesserung des Betriebsklimas zu sehen; die Aufwendungen könnten auch im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen. Insbesondere zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung ist nach der Rechtsprechung des BFH zur Lohnsteuer eine typisierende Quantifizierung (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 31. Mai 1988  1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214, 227 ff., 230 ff., und vom 4. Februar 2005  2 BvR 1572/01, BFH/NV Beilage 2005, 112; BFH-Urteil vom 16. November 2005 VI R 151/00, BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442) zulässig, ab wann die den teilnehmenden Arbeitnehmern zugewendeten geldwerten Vorteile von solchem Eigengewicht sind, dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann und deshalb bei Überschreiten einer Freigrenze die Zuwendungen des Arbeitgebers in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 21. Januar 2010 VI R 51/08, juris; in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726; vom 16. November 2005 VI R 68/00, BFHE 212, 51, BStBl II 2006, 440; vom 15. Januar 2009 VI R 22/06, BFHE 224, 136, BStBl II 2009, 476; in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442). Des Weiteren hat sich der BFH im Urteil in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442 insbesondere auch mit den Fragen zur Erforderlichkeit einer Anpassung sowie der auch vom Kläger vorgetragenen Auffassung, die Freigrenze müsse branchenspezifisch betrachtet werden, auseinandergesetzt.

Der Kläger selbst geht davon aus, dass die grundsätzliche Fragestellung, ob eine Leistung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt, mit derjenigen, ob die Leistung des Unternehmers an sein Personal durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist, vergleichbar ist.

Veräußerungsgewinn – Fünftelregelung – Verfassungsgemäßheit

Veräußerungsgewinn – Fünftelregelung – Verfassungsgemäßheit

BFH Urteil vom 9.3.2010, VIII R 109/03

Begründung:

Soweit der Kläger meint, dass sich der geänderte Steuertarif im Streitfall in erheblicher Weise auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten ausgewirkt habe, folgt der Senat dem nicht. Durch die geänderte Besteuerung des Veräußerungsgewinns ist weder die Ausübung des Arztberufs noch die Veräußerung der Praxis erschwert worden. Zwar hätte die geänderte Besteuerung des Veräußerungsgewinns einen Grund darstellen können, den Zeitpunkt der Praxisveräußerung nicht (wie tatsächlich geschehen) vom Erreichen der Altersgrenze abhängig zu machen, sondern zielgerichtet zu gestalten und zeitlich vorzuziehen. Die dabei in Anspruch genommene Freiheit wird jedoch allenfalls vom Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit erfasst, die unter dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt steht.

Fortbildung zur Handelsfachwirtin als Berufsausbildung

Fortbildung zur Handelsfachwirtin als Berufsausbildung

BFH Urteil vom 24.2.2010, III R 3/08

Begründung:

In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.

Das FG ist in Anwendung dieser Rechtsgrundsätze im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei der Fortbildung der T um eine Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG handelt, da der mit der GmbH abgeschlossene Fortbildungsvertrag der Erlangung der angestrebten beruflichen Qualifikation der Handelsfachwirtin gedient und der Ausbildungscharakter im Vordergrund gestanden habe. Diese Entscheidung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden

Keine Aufteilung von Reisekosten bei untergeordnetem betrieblichem Anteil

Keine Aufteilung von Reisekosten bei untergeordnetem betrieblichem Anteil

BFH Beschluss vom 17.12.2009, X B 115/09

Begründung:

Auch der Vorlagebeschluss geht davon aus, dass –wie bisher– eine Aufteilung der Aufwendungen bei gemischt veranlassten Reisen nur in Betracht komme, wenn die beruflich/betrieblich veranlassten Zeitanteile gegenüber den privat veranlassten Zeitanteilen ins Gewicht fielen. Ob im Einzelfall die beruflich/betrieblich veranlassten Zeitanteile nicht nur von untergeordneter Bedeutung seien, sei eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, die grundsätzlich dem FG obliege.

Die Entscheidung des FG beruht auf diesen Grundsätzen. Das FG hat (ab Seite 11 des Urteils) die Gesamtumstände dahin gewertet, dass der betrieblich veranlasste Teil der Reise von ganz untergeordneter Bedeutung gewesen sei. In Bezug auf diese Würdigung haben die Kläger keine Zulassungsrügen erhoben. Sie ist auch nicht offensichtlich fehlerhaft. Der nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist vorgebrachte Einwand, dem FG seien Fehler von so erheblichem Gewicht unterlaufen, dass ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung bestehe, ist daher ebenfalls unzutreffend.

Werbungskosten bei Teilnahme an einer Auslandsgruppenreise

Zur Klärung der Veranlassungsbeiträge bei Teilnahme an einer Auslandsgruppenreise gelten auch nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06 die früher von ihm entwickelten Abgrenzungsmerkmale grundsätzlich weiter .

Haben nicht nur berufliche Gründe den Steuerpflichtigen bewogen, die Reisekosten zu tragen, ist zu prüfen, ob die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge voneinander abgrenzbar sind .

Im Fall der Abgrenzbarkeit sind die Reisekosten in Werbungskosten und Aufwendungen für die private Lebensführung aufzuteilen. Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab kommt vor allem das Verhältnis der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile in Betracht .

BFH Urteil vom 21.4.2010, VI R 5/07

 Begründung:

 Auch Aufwendungen für der beruflichen Fortbildung dienende Reisen sind demnach dann als Werbungskosten abziehbar, wenn sie durch den Beruf bzw. den Betrieb veranlasst sind. Ob dies zutrifft, ist durch die Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Der Abzug der Reisekosten setzt nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH voraus, dass die Reise ausschließlich oder nahezu ausschließlich der beruflichen/betrieblichen Sphäre zuzuordnen ist. Das ist zum einen der Fall, wenn der Reise ein unmittelbarer beruflicher bzw. betrieblicher Anlass zugrunde liegt (z.B. das Aufsuchen eines Geschäftsfreundes, das Halten eines Vortrages auf einem Fachkongress, die Durchführung eines Forschungsauftrages) und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt der Reise bildet. Gleiches gilt, wenn die berufliche bzw. betriebliche Veranlassung bei weitem überwiegt und die Befriedigung privater Interessen, wie z.B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises, nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nicht ins Gewicht fällt und nur von untergeordneter Bedeutung ist. Anderenfalls sind die gesamten Reisekosten nicht abziehbar, soweit sich nicht ein durch den Beruf/Betrieb veranlasster Teil nach objektiven Maßstäben sicher und leicht abgrenzen lässt.

 Zur Begründung hat sich die bisherige Rechtsprechung im Wesentlichen auf § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG berufen. Danach verbietet diese Vorschrift zur Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen, die sowohl der privaten Lebensführung dienen als auch den Beruf fördern. Mit Beschluss vom 21. September 2009 GrS 1/06 (BFHE 227, 1) hat der Große Senat des BFH diese Rechtsprechung aufgegeben. Nach seiner Auffassung normiert § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot. Die Vorschrift steht somit einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren Reisekosten nicht entgegen. Enthält eine Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind, so erfordert es das objektive Nettoprinzip grundsätzlich, den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten zum Abzug zuzulassen. Reisekosten, die sowohl den beruflichen als auch den privaten Reiseteil betreffen (z.B. Kosten der Hin- und Rückreise zu einem Auslandsaufenthalt, der berufliche und private Teile umfasst), sind zur Umsetzung des Nettoprinzips ebenfalls aufzuteilen. Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab kommt das Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile der Reise in Betracht. Das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Veranlassungsbeiträge kann es jedoch im Einzelfall erfordern, einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder von einer Aufteilung ganz abzusehen.

 Erläuterungen:

Mit Urteil vom 21. April 2010 VI R 5/07 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Reisekosten nur dann in Werbungskosten und Aufwendungen für die private Lebensführung aufzuteilen sind, wenn die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge objektiv voneinander abgegrenzt werden können. Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab kommt dafür vor allem das Verhältnis der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile in Betracht.

 Im Streitfall ging es um den Abzug der Aufwendungen, die einer Gymnasiallehrerin für Englisch und Religion anlässlich einer achttägigen Fortbildungsreise für Englischlehrer nach Dublin, Irland, entstanden waren. Die Reise, die von der Englischlehrervereinigung angeboten und durchgeführt wurde und für die die Klägerin Dienstbefreiung erhalten hatte, lief nach einem festen Programm ab, das kulturelle Vortragsveranstaltungen und Besichtigungstermine, sowie einen Tagesausflug nach Belfast umfasste. Finanzamt und Finanzgericht (FG) lehnten den Abzug der Aufwendungen in vollem Umfang ab.

 Der BFH hob die Vorentscheidung auf und forderte das FG auf, erneut zu prüfen, ob die Kosten der Bildungsreise als beruflich veranlasste Aufwendungen ganz oder zumindest teilweise als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Zur Klärung der Veranlassungsbeiträge bei Teilnahme an einer Auslandsgruppenreise gelten nach Auffassung des BFH auch nach der geänderten Rechtsprechung des Großen Senats des BFH die früher von ihm entwickelten Abgrenzungsmerkmale grundsätzlich weiter. Haben nicht nur berufliche Gründe den Steuerpflichtigen bewogen, die Reisekosten zu tragen, so ist zu prüfen, ob die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge objektiv voneinander abgrenzbar sind.

Reisekosten sind nur dann als Werbungskosten steuerlich abziehbar, wenn sie beruflich veranlasst sind. Sind diese Aufwendungen sowohl beruflich als auch privat veranlasst (sog. gemischte Aufwendungen), so können sie nach der geänderten Rechtsprechung des Großen Senats des BFH (Beschluss vom 21. September 2009 GrS 1/06) grundsätzlich in abziehbare Werbungskosten und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung nach Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise aufgeteilt werden, wenn die beruflich veranlassten Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind.

Zahlungen im Zusammenhang mit dem vorzeitigen Erbausgleich sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Zahlungen im Zusammenhang mit dem vorzeitigen Erbausgleich des nichtehelichen Kindes nach § 1934d BGB sind unabhängig von den Vermögensverhältnissen des Vaters nicht als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen .

Die Frage, ob das Grundgesetz nach Beitritt der neuen Bundesländer außer Kraft getreten sei und es deshalb an Grundlagen für die Verabschiedung von Steuergesetzen und den Erlass von Steuerbescheiden fehle, erlaubt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht. Diese Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da die Fortgeltung des Grundgesetzes nach dem Beitritt der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland nicht ernstlich zweifelhaft ist.

BFH Beschluss vom 28.4.2010, VI B 167/09

 

 

Ernstliche Zweifel an Gewinnrealisierung bei Übertragung eines Wirtschaftsguts zwischen Schwesterpersonengesellschaften

Auch nach Ergehen des BFH-Urteils vom 25. November 2009 I R 72/08 (DStR 2010, 269) ist ernstlich zweifelhaft, ob die Übertragung eines Wirtschaftsguts des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft auf eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft zur Aufdeckung stiller Reserven führt.

BFH Beschluss vom 15.4.2010, IV B 105/09

Begründung:

Das FG hat zwar zutreffend ausgeführt, dass § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG die Übertragung zwischen den Gesamthandsvermögen von Schwestergesellschaften nicht regelt.

 Mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG hat sich der Gesetzgeber für eine transparente Besteuerung von Personengesellschaften entschieden. Die Personengesellschaft ist danach Steuerrechtssubjekt bei der Qualifikation und der Ermittlung der Einkünfte. Subjekt der Einkünfteerzielung ist hingegen der Gesellschafter. Aus dem Subjektsteuerprinzip folgt, dass jeder Gesellschafter den auf ihn entfallenden Anteil an den erzielten Einkünften zu versteuern hat. Jedem Gesellschafter ist auch sein Anteil an den stillen Reserven der Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens zuzuordnen.

 Eine Verschiebung stiller Reserven zwischen den Gesellschaftern entspricht nicht dem Subjektsteuerprinzip. Gleichwohl lässt das Gesetz in verschiedenen Fällen zu, dass stille Reserven auf andere Gesellschafter derselben Personengesellschaft übergehen. Dies gilt insbesondere bei Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern in den von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG geregelten Fällen.

Folgerichtig ist es demgegenüber, wenn ein Steuersubjekt die ihm zuzuordnenden stillen Reserven ungeachtet dessen beibehält, in welchem Betriebsvermögen sich das betreffende Wirtschaftsgut befindet. Diesen Grundsatz regelt systemkonform § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG, der den Ansatz des Buchwerts bei der Überführung zwischen zwei Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen anordnet. Ebenfalls dem System entspricht es dann, wenn § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG die Beibehaltung des Buchwerts bei Überführungen von Wirtschaftsgütern zwischen Einzel- und Sonderbetriebsvermögen bzw. zwischen zwei verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen verlangt.

Angesichts dessen bedürfte es einer besonderen Rechtfertigung dafür, stille Reserven der Besteuerung zu unterwerfen, wenn diese dadurch demselben Steuersubjekt zugeordnet bleiben, dass sie von dem Gesamthandsvermögen einer mitunternehmerischen Personengesellschaft unentgeltlich oder gegen Minderung und Gewährung von Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsvermögen einer beteiligungsidentischen anderen mitunternehmerischen Personengesellschaft übertragen werden. Eine derartige Rechtfertigung ist nicht ersichtlich. Es ist auch nicht zu erkennen, dass sich der Gesetzgeber des UntStFG auf einen Rechtfertigungsgrund bezogen hätte. Die Aufdeckung stiller Reserven aufgrund einer derartigen Übertragung würde danach zu einer im Sinne des Folgerichtigkeitsgebots gleichheitswidrigen Besteuerung führen, denn sie kann sich weder auf die gesteigerte Leistungsfähigkeit des Gesellschafters noch auf eine Entstrickung und noch nicht einmal auf die erhöhte Gefahr einer späteren unbemerkten Entstrickung stützen.