Höhe der Anschaffungskosten bei Erwerb der Anteile an Erfüllungs statt gegen Forderungsverzicht

In der Feststellung des Jahresabschlusses kann ein deklaratorisches Anerkenntnis von Gesellschafterforderungen oder -verbindlichkeiten liegen. Dies ist auch steuerlich zu berücksichtigen.

Aus dem Jahresabschluss kann sich ebenfalls ergeben, dass und ab wann die Gesellschaft bestimmte Aktien treuhänderisch für den Gesellschafter gehalten hat.

BFH Urteil vom 10.05.2016 – IX R 13/15

Sachverhalt:

Streitig ist die Höhe der Anschaffungskosten bei der Ermittlung eines Veräußerungsverlusts i.S. von § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Begründung:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Zu Unrecht hat das FG dem geänderten Jahresabschluss der P-GmbH jegliche Indizwirkung für den Abschluss und die tatsächliche Durchführung des von den Klägern behaupteten Treuhandverhältnisses abgesprochen.

Zur Begründung seines Urteils hat das FG u.a. ausgeführt, die Kläger hätten die A-Aktien an Erfüllungs statt von der P-GmbH erworben. Zwar fehle eine ausdrückliche Erklärung, dass die Kläger im Gegenzug für die Übertragung der Aktien auf die ihnen noch zustehenden Kaufpreisforderungen verzichten wollten. Der Verzicht ergebe sich jedoch indiziell daraus, dass die P-GmbH in ihrem Jahresabschluss für 2001 die entsprechenden Forderungen erfolgswirksam ausgebucht habe. Der Jahresabschluss der P-GmbH sei für das Verhältnis der Gesellschaft zu ihren Gesellschaftern und das Verhältnis der Gesellschafter untereinander verbindlich. Der Erwerb der Aktien habe jedoch erst am 25. Oktober 2001 stattgefunden. Das von den Klägern zum 5. März 2001 behauptete Treuhandverhältnis könne nicht festgestellt werden. Die Kläger hätten eine schriftliche Zustimmung der P-GmbH zu ihrem Schreiben vom 15. Februar 2001 nicht vorgelegt. Die P-GmbH habe die Vorgänge nicht zeitnah dokumentiert. Der geänderte Jahresabschluss der P-GmbH könne über die tatsächliche Handhabung zum 5. März 2001 keinen Aufschluss geben, weil er erst nach Ablauf des Jahres aufgestellt worden sei.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Streitjahr (2004) geltenden Fassung gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. Eine unmittelbare Beteiligung liegt auch vor, wenn die veräußerten Anteile, abweichend von der rechtlichen Inhaberschaft, dem Veräußerer nach steuerrechtlichen Grundsätzen zuzurechnen sind.

Wirtschaftsgüter sind auch im Steuerrecht grundsätzlich dem Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 der Abgabenordnung –AO–); davon abweichend ist das Treugut steuerrechtlich dem Treugeber zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO). Ein Geschäftsanteil (hier: Aktie) ist steuerrechtlich ein Wirtschaftsgut i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO und stellt einen treugutfähigen Gegenstand dar.

Voraussetzung für die steuerliche Zurechnung ist das Vorliegen eines steuerlich anzuerkennenden Treuhandverhältnisses.

Die Voraussetzungen dafür sind weder im Zivilrecht noch für das Steuerrecht gesetzlich bestimmt. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist ein Treuhandverhältnis nur gegeben, wenn die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht (schuldrechtlich) so zu Gunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft gewissermaßen als “leere Hülle” erscheint. Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen, und zwar nicht nur nach den mit dem Treuhänder getroffenen Absprachen, sondern auch bei deren tatsächlichem Vollzug.

Bei der Frage nach der tatsächlichen Durchführung einer Treuhandvereinbarung kommt der bilanziellen Behandlung des Treuguts indizielle Bedeutung zu. Deshalb ist einem Treuhandverhältnis die steuerliche Anerkennung grundsätzlich zu versagen, wenn das Treuhandvermögen in der Bilanz des Treuhänders nicht als solches dargestellt.

Bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich gegeben und damit eine von der zivilrechtlichen Inhaberschaft abweichende Zurechnung gerechtfertigt ist, ist ein strenger Maßstab anzulegen. § 159 Abs. 1 Satz 1 AO enthält eine Beweisführungslastregelung für den Fall, dass streitig bleibt, wem die Rechte oder Sachen gehören. Allerdings beschränkt § 159 Abs. 1 AO nicht die Pflicht des FG, gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden.

Bei Anwendung dieser Maßstäbe kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.

Zu Recht hat das FG allerdings nicht darauf abgestellt, dass das Treugut in der Bilanz der P-GmbH nicht als solches ausgewiesen war. Da das Treuhandverhältnis nach dem Vortrag der Kläger nur für wenige Monate im Jahr 2001 bestand und am Bilanzstichtag bereits beendet war, konnte und durfte es im Jahresabschluss der P-GmbH als solches nicht abgebildet werden.

Mit Erfolg rügt die Revision aber, dass das FG dem geänderten Jahresabschluss der P-GmbH jegliche Indizwirkung für den Abschluss und die tatsächliche Durchführung des von den Klägern behaupteten Treuhandverhältnisses abgesprochen hat.

Dabei ist das FG im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass durch die Feststellung des Jahresabschlusses nicht nur die Bilanz, sondern auch die in ihr dargestellten Rechtsverhältnisse im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft und im Verhältnis der Gesellschafter untereinander zivilrechtlich verbindlich bestätigt werden. In der Feststellung des Jahresabschlusses kann deshalb auch ein deklaratorisches Anerkenntnis von Gesellschafterforderungen oder –verbindlichkeiten liegen.

Zu Recht hat das FG diese Rechtsprechung im Streitfall auch herangezogen, um trotz fehlenden Nachweises eines Verzichts auf die restliche Kaufpreisforderung dem Vortrag der Kläger entsprechend eine Leistung an Erfüllungs statt festzustellen. Aus dem Jahresabschluss der P-GmbH ergibt sich, dass die Forderungen der Gesellschafter zum 31. Dezember 2001 ausgebucht worden sind. Damit ist im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft zivilrechtlich bindend festgestellt, dass zuvor ausgewiesene Forderungen der Gesellschafter (Kläger) am 31. Dezember 2001 nicht mehr bestanden. Auf dieser Grundlage hat das FG zutreffend angenommen, dass die Kläger nicht erst im Jahr 2004 auf ihre Forderung gegen die P-GmbH verzichtet haben. Diese tatsächliche Würdigung ist zumindest möglich und bindet deshalb den BFH. Das FG ist dabei offensichtlich davon ausgegangen, dass der Jahresabschluss der P-GmbH ordnungsgemäß festgestellt worden ist.

Vor diesem Hintergrund stellt sich aber die Annahme des FG als widersprüchlich und damit als rechtlich fehlerhaft dar, dass dem Jahresabschluss der P-GmbH für den Abschluss und die tatsächliche Durchführung des von den Klägern behaupteten Treuhandverhältnisses (ab dem 5. März 2001) keine Aussagekraft zukomme, weil er erst nachträglich aufgestellt worden sei. Das FG scheint insofern der Ansicht zu sein, dass die tatsächliche Durchführung eines Rechtsverhältnisses nur durch eine zeitnahe Dokumentation nachgewiesen werden kann. Das ist nicht zutreffend. Der Nachweis einer steuerlich erheblichen Tatsache kann grundsätzlich durch sämtliche Beweismittel erbracht werden; entsprechendes gilt, wenn der Nachweis indirekt geführt werden muss. Aus dem geänderten Jahresabschluss der P-GmbH ergibt sich zumindest mittelbar, dass die P-GmbH 1 003 161 A-Aktien am 5. März 2001 aus ihrem Bestand ausgebucht hat, denn die Bewertung des Vorgangs im geänderten

Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat –von seinem Standpunkt aus zu Recht– keine Feststellungen dazu getroffen, ob der geänderte Jahresabschluss der P-GmbH zumindest konkludent von den Gesellschaftern beschlossen worden ist. Dies wird es im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben. Nur dann wäre der geänderte Jahresabschluss der P-GmbH zivilrechtlich bindend und käme ihm auch steuerlich die beschriebene indizielle Bedeutung zu. Wäre insofern davon auszugehen, dass die Kläger rechtsverbindlich bereits am 5. März 2001 auf ihre Forderungen gegen die P-GmbH verzichtet hätten, läge die Annahme nahe, dass sie die A-Aktien ebenfalls an diesem Tag von der P-GmbH erworben haben.

Sollte sich nicht erweisen, dass der geänderte Jahresabschluss der P-GmbH von den Gesellschaftern zumindest konkludent beschlossen worden ist, wird das FG unter Berücksichtigung der von ihm noch aufzuklärenden Umstände, unter denen der geänderte Jahresabschluss der P-GmbH zustande gekommen ist, beurteilen müssen, welche Indizwirkung dem Vorgang dann für den (konkludenten) Abschluss und die tatsächliche Durchführung des von den Klägern behaupteten Treuhandverhältnisses zukommt.

 

Negativer Geschäftswert bei Einbringung

Übersteigt der Gesamtwert des im Wege der Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 eingebrachten Betriebsvermögens aufgrund eines sog. negativen Geschäftswerts nicht dessen Buchwert, darf die übernehmende Kapitalgesellschaft die Buchwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens auch dann nicht auf höhere Werte aufstocken, wenn deren Teilwerte die jeweiligen Buchwerte überschreiten.

BFH Urteil vom 28.04.2016 – IR 33/14 BFH/NV 2016, 1418

Begründung:

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die Vorinstanz hat zu Recht entschieden, dass eine Aufstockung der Wertansätze des eingebrachten Betriebsvermögens in der Einbringungsbilanz der Klägerin aufgrund des negativen Geschäftswerts des eingebrachten Teilbetriebs nicht möglich gewesen ist.

Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft eingebracht, und erhält der Einbringende dafür neue Anteile an der Gesellschaft (Sacheinlage), darf die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert ansetzen. Der Buchwert ist der Wert, mit dem der Einbringende das Betriebsvermögen im Zeitpunkt der Sacheinlage nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung anzusetzen hat (§ 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 1995). Nach § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 dürfen bei dem Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter nicht überschritten werden.

Die vorstehenden Grundsätze sind im Streitfall anzuwenden: Die Beigeladene (Einbringende) hat ihren vormaligen Teilbetrieb Y in die Klägerin (übernehmende Kapitalgesellschaft) eingebracht und hierfür einen neuen Geschäftsanteil an dieser erhalten. Dass der vormalige Teilbetrieb Y die Voraussetzungen eines Teilbetriebs i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 erfüllt hat, hat das FG festgestellt, ohne dass die Beteiligten dies mit zulässigen und begründeten Einwendungen angegriffen haben. Der erkennende Senat ist daher gemäß § 118 Abs. 2 FGO an diese Feststellung gebunden.

Sonach stand der Klägerin das der übernehmenden Kapitalgesellschaft durch § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995 eingeräumte Wahlrecht zu, das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Einbringungsbilanz zum 1. Oktober 2000 mit dem Buchwert oder einem höheren Wert anzusetzen, wobei gemäß § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 die Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter nicht überschritten werden durften.

Bei isolierter Betrachtung des Wortlauts des § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 haben die Wertansätze in der Einbringungsbilanz der Klägerin die dort geregelte Höchstgrenze nicht überschritten. Denn nach den Feststellungen der Vorinstanz, die auf der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten beruhen, lagen die Wertansätze der einzelnen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens in der Einbringungsbilanz nicht über deren jeweiligen Teilwerten. Streitig ist indes zwischen den Beteiligten, welche Bedeutung in Zusammenhang mit der Höchstgrenze des § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 dem Umstand beizumessen ist, dass der eingebrachte Teilbetrieb nach den –ebenfalls auf der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten beruhenden– vorinstanzlichen Feststellungen im Streitfall aufgrund schlechter Ertragsaussichten mit einem sog. negativen Geschäftswert belastet war, der Gesamtwert des Teilbetriebs als wirtschaftlicher Einheit mithin geringer gewesen ist als die Summe der Teilwerte seiner einzelnen Wirtschaftsgüter.

Die Klägerin misst einem negativen Geschäftswert des Gesamt-(Teil)Betriebs im Zusammenhang mit dem Wahlrecht nach § 20 Abs. 2 UmwStG 1995 keine Bedeutung bei und berechnet den höchst zulässigen Wertansatz ausnahmslos anhand der in § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 benannten Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter.

FA und FG verweisen demgegenüber auf das u.a. beim entgeltlichen Erwerb von Betrieben (oder Teilbetrieben) zu beachtende Anschaffungskostenprinzip, nach welchem Anschaffungsvorgänge ergebnisneutral zu erfassen und einem negativen Geschäftswert des Erwerbsgegenstands bilanziell dadurch Rechnung zu tragen ist, dass die Teilwertansätze des aktiven Betriebsvermögens. Diese Grundsätze seien auf die Bewertung des eingebrachten Betriebsvermögens nach § 20 Abs. 2 UmwStG 1995 zu übertragen.

Der letztgenannten Auffassung ist zu folgen. Die Wertaufstockungen im Rahmen des § 20 Abs. 2 UmwStG 1995 dürfen nicht zu einem den Teilwert des eingebrachten Betriebsvermögens als Sachgesamtheit (unter Berücksichtigung des negativen Geschäftswerts) übersteigenden Wertansatz. Denn bei der Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs sind umwandlungssteuerrechtlich nicht nur die Werte der aktivierten Einzelwirtschaftsgüter, sondern ist auch der Gesamtwert der eingebrachten Sachgesamtheit von Bedeutung.

Auszugehen ist hierbei davon, dass § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 UmwStG 1995 das Privileg des Bewertungswahlrechts nicht für die Einbringung beliebiger Ansammlungen betrieblich genutzter Wirtschaftsgüter, sondern nur für die Einbringung von Betrieben oder Teilbetrieben, d.h. von selbständig lebensfähigen Sachgesamtheiten einschließlich der die Einzelwirtschaftsgüter verbindenden Organisation, gewährt. Derartige Sachgesamtheiten zeichnen sich indes regelmäßig dadurch aus, dass ihr Gesamtwert nicht mit der Summe der Einzelwerte (Teilwerte) der zugehörigen Wirtschaftsgüter identisch ist.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass nach ständiger Rechtsprechung die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils gegen Erhalt neuer Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft ein tauschähnlicher Vorgang und somit eine Veräußerung einerseits und eine Anschaffung andererseits ist. Tatbestandlich handelt es sich um eine Betriebsveräußerung i.S. des § 16 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes.

An dem Charakter des Veräußerungs- bzw. Anschaffungsvorgangs ändern die Sonderregelungen der §§ 20 ff. UmwStG 1995 nichts. Dieser Charakter wird vielmehr –jedenfalls für Sacheinlagen zum Teil- oder zum Zwischenwert– durch die Bestimmung des § 20 Abs. 4 UmwStG 1995 bestätigt, demzufolge der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, für den Einbringenden als Veräußerungspreis (und als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile) gilt, während für die Kapitalgesellschaft dieser Wert die rechtliche Bedeutung von Anschaffungskosten der einzelnen Wirtschaftsgüter hat.

Dem grundsätzlichen Anschaffungscharakter der Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 steht nicht die von der Klägerin angeführte Bestimmung des § 22 Abs. 3 UmwStG 1995 entgegen, wonach die eingebrachten Wirtschaftsgüter als im Zeitpunkt der Einbringung von der Kapitalgesellschaft als angeschafft gelten, wenn die Einbringung des Betriebsvermögens im Wege der Einzelrechtsnachfolge erfolgt (Halbsatz 1), während bei Einbringung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes § 22 Abs. 2 UmwStG 1995 (welcher seinerseits auf § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 verweist und diesen modifiziert) entsprechend gilt (Halbsatz 2). Die Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen bei einer Einbringung zum Teilwert die übernehmende Gesellschaft nach Maßgabe von § 12 Abs. 3 UmwStG 1995 in die Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers eintritt (z.B. hinsichtlich der AfA) und in welchen Fällen dies nicht der Fall ist und stattdessen die allgemeinen Anschaffungsregeln gelten. Daraus kann aber nicht darauf geschlossen werden, dass nur diejenigen Einbringungsfälle Anschaffungscharakter haben, in denen die Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge erfolgt –was bei der hier vorliegenden Sacheinlage nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 der Fall wäre– und außerdem das eingebrachte Betriebsvermögen zum Teilwert angesetzt wird. Ein tausch- bzw. anschaffungsähnlicher Vorgang ist vielmehr auch bei Einbringungen zu einem Zwischenwert.

Der Senat hat aus dem Veräußerungs- bzw. Anschaffungscharakter der Einbringung geschlossen, dass bei Buchwertaufstockungen auf Zwischenwerte die in den einzelnen Wirtschaftsgütern jeweils ruhenden stillen Reserven nicht beliebig aufgestockt werden können, sondern dass die aufzudeckenden stillen Reserven grundsätzlich gleichmäßig auf alle Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebsvermögens zu verteilen sind. Es liegt in der Konsequenz dieses auf das eingebrachte Betriebsvermögen als Gesamtheit abstellenden Verständnisses, auch bei der Bemessung der Höchstgrenze des Zwischenwertansatzes nach § 20 Abs. 2 Satz 6 UmwStG 1995 die eingebrachte Sachgesamtheit im Auge zu behalten und einen vorhandenen negativen Geschäftswert zu berücksichtigen.

Der von der Klägerin für zulässig gehaltene Wertansatz oberhalb des Teilwerts des eingebrachten Betriebsvermögens als Sachgesamtheit wird im Übrigen dem Zweck der Einbringungsregeln nicht gerecht. Mit der Gewährung des Bewertungswahlrechts nach § 20 Abs. 2 UmwStG 1995 sollen Umstrukturierungsvorgänge durch Überführung von Unternehmen oder Unternehmensteilen in eine aufnehmende Kapitalgesellschaft in der Weise begünstigt werden, dass eine nach den allgemeinen Regeln des Ertragsteuerrechts zwingende Aufdeckung stiller Reserven des übertragenen Vermögens bei den einbringenden Personen vorerst unterbleiben kann. Ein Wertansatz, bei dem die Summe der Werte der einzelnen Wirtschaftsgüter den Teilwert des eingebrachten Betriebs oder Teilbetriebs als Sachgesamtheit übersteigt, würde indessen (über die Bindung nach § 20 Abs. 4 UmwStG 1995) beim Einbringenden zu einer Überbewertung (mit der Folge eines überhöhten Gewinnansatzes) und bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft zu einem überhöhten Abschreibungsvolumen führen. Solche Ergebnisse zu ermöglichen, wird durch die §§ 20 ff. UmwStG 1995 nicht

Nach den auf der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten beruhenden Feststellungen des FG lag infolge des negativen Geschäftswerts des Teilbetriebs Y dessen Teilwert als Sachgesamtheit nicht höher als die Summe der Buchwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter. Das FG hat sich zu Recht an das Ergebnis der tatsächlichen Verständigung gebunden gesehen. Es hat ausführlich begründet, aus welchen Gründen das Ergebnis der tatsächlichen Verständigung naheliegend, jedenfalls aber nicht offensichtlich unzutreffend und daher verbindlich ist. Die Beteiligten haben dagegen keine Einwendungen erhoben; auch für den Senat sind keine Anhaltspunkte für das Fehlen der Bindungswirkung der tatsächlichen

Demnach durfte die Klägerin diese Buchwerte in der Einbringungsbilanz nicht auf höhere Werte aufstocken. Das FA hat der Besteuerung der Klägerin für die Streitjahre deshalb zu Recht nicht die höheren AfA-Sätze zugrunde gelegt. Weil für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich, muss der Senat nicht darüber befinden, ob ein negativer Geschäftswert des eingebrachten Betriebs oder Teilbetriebs ggf. dazu führen kann, dass die Buchwerte des eingebrachten Aktivvermögens abzustocken sind (so Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., § 20 UmwStG Rz 318).

 

Wirtschaftliches Eigentum bei Teilamortisationsleasing einer Immobilie

Ob Substanz und Erträge eines Leasingguts während der gesamten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nicht dem Leasinggeber und Eigentümer, sondern vollständig dem Leasingnehmer zustehen, so dass der Leasingnehmer als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist, muss in jedem Einzelfall nach den konkreten Umständen beurteilt werden.

Ist die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer länger als die Grundmietzeit, kann wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers vorliegen, wenn diesem ein Recht auf Verlängerung der Nutzungsüberlassung oder eine Kaufoption zu so günstigen Konditionen zusteht, dass bei wirtschaftlich vernünftiger Entscheidungsfindung mit der Ausübung des Rechts zu rechnen ist.

BFH Urteil vom 02.06.2026 – IV R 23/13BFH/NV 2016, 1433

Sachverhalt:

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, deren Gesellschaftszweck der Erwerb des Erbbaurechts an bestimmten, im Eigentum der Stadt… stehenden Grundstücken sowie die Errichtung einer Tiefgarage auf diesen Grundstücken und deren Vermietung oder Veräußerung ist. Mit notariellem Erbbaurechtsvertrag vom 6. Oktober 1989 bestellte die Stadt der Klägerin für die Dauer von 50 Jahren ein Erbbaurecht an den betreffenden Grundstücken A. Die Klägerin verpflichtete sich darin zum Bau einer Tiefgarage, die bei Beendigung des Erbbaurechts durch Zeitablauf entschädigungslos auf die Stadt übergehen sollte. Am selben Tag schlossen die Klägerin und die Stadt einen notariell beurkundeten “Mietvertrag mit einem Angebot auf Abschluß eines Kaufvertrages” (MV) über die zu errichtende Tiefgarage. Das Mietverhältnis sollte mit der Übernahme des Mietobjekts durch die Mieterin, spätestens zum 1. Juli 1991, beginnen und war für 22 Jahre fest vereinbart. Zugleich bot die Klägerin der Stadt unwiderruflich den Abschluss eines Kaufvertrags über das Erbbaurecht mit Tiefgarage an. Das Angebot konnte von der Stadt zum Ablauf des Mietverhältnisses angenommen werden; als Kaufpreis wurden die noch nicht durch die Mieten amortisierten Gesamtkosten einschließlich etwaiger rückständiger Leistungen zum Zeitpunkt des Verkaufs vereinbart.

Begründung:

Die zulässige Revision ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils, soweit dieses ausspricht, dass AfA als Betriebsausgaben Berücksichtigung finden und die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 5 GewStG gewährt wird. Im Übrigen wird die Revision gemäß § 126 Abs. 2 FGO unter Präzisierung des Urteilsausspruchs des FG als unbegründet zurückgewiesen, indem klargestellt wird, dass der Klägerin das Erbbaurecht sowie die Tiefgarage auf dem Grundstück A nach § 39 AO zuzurechnen sind.

Die Entscheidung über die Klage gegen den Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag hängt von der Klärung mehrerer Rechtsfragen ab, sowohl solchen, die den Gewerbesteuermessbetrag nach dem Gewerbeertrag betreffen, als auch Rechtsfragen in Bezug auf den Messbetrag nach dem Gewerbekapital. Bei Beantwortung der hier entschiedenen Rechtsfragen in Bezug auf den Messbetrag nach dem Gewerbeertrag ist der Rechtsstreit noch nicht insgesamt entscheidungsreif.

Die entschiedenen Rechtsfragen betreffend den Messbetrag nach dem Gewerbeertrag sind je für sich entscheidungserheblich. Der Gewerbesteuermessbetrag ist herabzusetzen, wenn der Klägerin die Tiefgarage zuzurechnen ist. Die Klägerin kann dann Betriebsausgaben in Gestalt von AfA abziehen, wodurch der Gewerbeertrag i.S. des § 7 GewStG in einem solchen Umfang sinkt, dass sich der Messbetrag nach dem Gewerbeertrag und der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag mindern.

Der Messbetrag nach dem Gewerbeertrag ist auch herabzusetzen, wenn die Klägerin die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 5 GewStG in Anspruch nehmen kann, weil diese den gesamten Ertrag aus der Vermietung der Tiefgarage erfasst. Dass die Kürzung keine Auswirkung auf den Gewerbesteuermessbetrag hat, wenn die Klägerin die geltend gemachten Betriebsausgaben abziehen kann, weil sich dadurch ein Verlust ergibt und kein zu kürzender Betrag mehr verbleibt, ändert an der Entscheidungserheblichkeit nichts. Denn im Hinblick auf den Beschleunigungs- und Vereinfachungszweck des § 99 Abs. 2 FGO  reicht es aus, wenn eine Vorfrage zumindest dann Entscheidungserheblichkeit erlangen kann, wenn eine andere zur Entscheidung gestellte Vorfrage in einem bestimmten Sinn entschieden wird.

Die Entscheidung durch Zwischenurteil ist allerdings nicht in Bezug auf alle vom FG entschiedenen Rechtsfragen sachdienlich.

Sachdienlich ist ein Zwischenurteil jedenfalls dann, wenn die Beteiligten über die betreffende Vorfrage streiten und nach deren Klärung von einer einvernehmlichen Klärung des Rechtsstreits im Übrigen auszugehen. Das ist hier in Bezug auf die vom FG entschiedene –wenn auch nicht ausdrücklich im Tenor des Urteils aufgeführte– Rechtsfrage der Fall, ob der Stadt das wirtschaftliche Eigentum an dem Erbbaurecht mit der Tiefgarage zuzurechnen ist. Die Entscheidung über das noch nicht abgeschlossene Einspruchsverfahren betreffend den Einheitswert des Betriebsvermögens, das seinerseits vorgreiflich für die Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrags nach dem Gewerbekapital ist, hängt von dieser Rechtsfrage ab. Nach Entscheidung des hiesigen Rechtsstreits wird voraussichtlich Einvernehmen über den Einheitswert des Betriebsvermögens und damit über den Messbetrag nach dem Gewerbekapital erzielt werden können.

Nicht sachdienlich ist die Entscheidung über eine Rechtsfrage dann, wenn noch nicht alle für ihre abschließende Beantwortung im Urteilsfall erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen sind.

So verhält es sich im Streitfall zum einen mit der Rechtsfrage, in Bezug auf welche Wirtschaftsgüter und in welcher Höhe der Klägerin AfA zustehen. Tatsächliche Feststellungen zu der Bemessungsgrundlage der AfA hat das FG bisher noch nicht getroffen. Weder lässt sich dem Tatbestand des Zwischenurteils entnehmen, für welche abnutzbaren Wirtschaftsgüter im Einzelnen Anschaffungs- und Herstellungskosten entstanden sind, noch, wie hoch diese Kosten waren.

Zum anderen fehlen auch tatsächliche Feststellungen zum Umfang der Geschäftstätigkeit der Klägerin. Diese sind für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Sätze 2 bis 5 GewStG erforderlich.

Das FG ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass das Erbbaurecht und die Tiefgarage der Klägerin nach § 39 Abs. 1 AO zuzurechnen sind und dass die Stadt nicht wirtschaftliche Eigentümerin der Wirtschaftsgüter i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO ist.

Wirtschaftsgüter sind nach § 39 Abs. 1 AO grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen. Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO). Ein wirtschaftlicher Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers in diesem Sinne wird u.a. angenommen, wenn der Herausgabeanspruch des Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen.

Ein schuldrechtlich oder dinglich Nutzungsberechtigter hat in der Regel kein wirtschaftliches Eigentum in diesem Sinne an dem ihm zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgut. Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Nutzungsberechtigte statt des Eigentümers die Kosten der Anschaffung oder Herstellung eines von ihm selbst genutzten Wirtschaftsguts trägt und ihm auf Dauer, nämlich für die voraussichtliche Nutzungsdauer, Substanz und Ertrag des Wirtschaftsguts wirtschaftlich zustehen. So verhält es sich etwa bei einer entgeltlichen Nutzungsüberlassung, wenn eine Nutzung über die gesamte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer vereinbart ist und die Summe der Nutzungsvergütungen die Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie die Finanzierungskosten und laufenden Kosten des Eigentümers abdeckt. Auch wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer länger als die Grundmietzeit ist, kann wirtschaftliches Eigentum des Nutzungsberechtigten vorliegen, wenn diesem ein Recht auf Verlängerung der Nutzungsüberlassung oder eine Kaufoption zu so günstigen Konditionen zusteht, dass bei wirtschaftlich vernünftiger Entscheidungsfindung mit der Ausübung des Rechts zu rechnen.

Diese Grundsätze finden insbesondere auf Leasingverträge Anwendung und gelten gleichermaßen für das Leasing von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Ob Substanz und Erträge des Leasingguts während der gesamten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nicht dem Leasinggeber und Eigentümer, sondern vollständig dem Leasingnehmer zustehen, ist in jedem Einzelfall nach den konkreten Umständen zu beurteilen. Bestimmte typischerweise verwendete Vertragsbestandteile können dabei Indizwirkung entfalten. Soweit die Finanzverwaltung in Verwaltungsvorschriften Prüfkriterien formuliert und diesen Grenzen zuordnet, handelt es sich dabei um typisierte und zur Gewährleistung eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs geschaffene Abgrenzungsmerkmale, die als norminterpretierende Verwaltungsanweisungen Anhaltspunkte für die Gesetzesauslegung durch die Rechtsprechung bieten, eine abschließende Regelung aber weder beanspruchen noch enthalten können.

Diese Grundsätze hat das FG ohne Rechtsfehler auf den festgestellten Sachverhalt angewendet.

An die nicht mit Verfahrensrügen angegriffene Tatsachenfeststellung ist der BFH nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Dies gilt auch für die Würdigung der Tatsachen, die weder gegen Erfahrungssätze noch Denkgesetze verstößt und deshalb möglich ist.

Die Würdigung des FG, die Klägerin werde von der Stadt nicht während der gesamten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Gebäudes wirtschaftlich aus ihrer Stellung als Eigentümerin verdrängt, ist möglich und deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat zutreffend bezogen auf den maßgebenden Zeitpunkt des Abschlusses des MV (Oktober 1989) eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür verneint, dass die Stadt von der ihr eingeräumten Kaufoption Gebrauch machen oder eine Verlängerung des Mietvertrags bis zum Ende der Nutzungsdauer aushandeln würde.

Zutreffend hat das FG die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer weder anhand der von § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes vorgeschriebenen Abschreibung noch anhand amtlicher AfA-Tabellen bestimmt. Vielmehr ist die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer individuell zu bestimmen. Das FG konnte hierbei ohne Verstoß gegen die Denkgesetze und Erfahrungssätze zu einer Nutzungsdauer von 50 Jahren kommen. Zu Recht hat es sich hierfür auch darauf gestützt, dass im Erbbaurechtsvertrag eine Entschädigung für das Gebäude bei Auslaufen des Erbbaurechts nach 50 Jahren nicht vorgesehen war, allerdings bei vorzeitigem Heimfall nach § 11 des Vertrags eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswerts geleistet werden musste. Naheliegend war auch, dass sich das FG auf die Begutachtung durch den eigenen Bausachverständigen des FA bezogen hat, der eine Nutzungsdauer von 50 Jahren angenommen hatte.

Das FG konnte zu dem Ergebnis kommen, dass eine Ausübung der Kaufoption durch die Stadt nach Ablauf der Grundmietzeit nicht nahezu sicher war. Die vertragliche Ausgestaltung bewirkte aus Sicht der Stadt, dass sie während der Grundmietzeit nicht mehr aufwenden musste, als sie bei eigener Errichtung des Parkhauses mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 22 Jahren hätte aufwenden müssen. Nach Auslaufen des MV treffen die Stadt nach den getroffenen Feststellungen auch keine nachteiligen wirtschaftlichen Folgen. Für den Ankauf des Parkhauses zu dem festgelegten erheblichen Restbetrag bestand danach kein besonderer wirtschaftlicher Anreiz. Die folglich allein politischer Opportunität bei Auslaufen des MV obliegende Entscheidung über eine Ausübung der Kaufoption kann nicht vorhergesehen werden. Welche Nutzungsmöglichkeiten der Klägerin nach Auslaufen des MV zur Verfügung stehen, ist für die allein maßgebende Beantwortung der Frage, ob mit Sicherheit mit einem Ankauf durch die Stadt zu rechnen ist, ohne Bedeutung.

Der Stadt stand auch keine Mietverlängerungsoption zu. Sie hatte lediglich einen Anspruch auf Verhandlungen über eine Verlängerung. Eine dauerhafte Nutzung des Parkhauses konnte die Stadt mithin schon dem Grunde nach nicht erzwingen, ganz abgesehen davon, dass auch für eine Mietverlängerung ein wirtschaftlicher Anreiz nicht erkennbar ist.

Soweit sich das FA auf die Verpflichtungen der Stadt bezieht, im Fall der nicht durch die Klägerin vorsätzlich oder fahrlässig verursachten Zerstörung oder Beeinträchtigung der Nutzbarkeit der Garage alle vertraglichen Verpflichtungen weiter zu erfüllen, bei vorzeitiger Kündigung aus wichtigem Grund die Leasingraten weiter zu entrichten und bei Beschädigungen die nicht durch Versicherungsleistungen gedeckten Wiederherstellungskosten zu tragen, kann revisionsrechtlich nicht beanstandet werden, dass das FG aus diesen Bestandteilen des MV im Rahmen der Würdigung der Gesamtumstände nicht darauf geschlossen hat, dass die Substanz der Tiefgarage für die gesamte Nutzungsdauer der Stadt zugeordnet war.

Keine Änderung der Grunderwerbsteuer bei Insolvenz des Käufers

Der teilweise Ausfall der Kaufpreisforderung und der vereinbarten Stundungszinsen aufgrund Insolvenz des Käufers führt nicht zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer für den Grundstückskauf.

BFH Urteil vom 12.5.2016, II R 39/14

Begründung (BFH):

Beim Grundstückskauf führt der Ausfall der Kaufpreisforderung aufgrund einer Insolvenz des Käufers nicht zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 12. Mai 2016 II R 39/14 entschieden hat.

Im Streitfall hatte eine GmbH 1998 eine zuvor landwirtschaftlich genutzte Fläche erworben, die sie erschließen und in einzelne Baugrundstücke aufgeteilt weiterverkaufen wollte. Der Kaufpreis betrug insgesamt 6.897.700 DM und war bis zum Abverkauf der einzelnen Baugrundstücke gestundet. Der bis zum 31. Dezember 2006 noch nicht fällig gewordene Restkaufpreis sollte am 15. Januar 2007 in einer Summe fällig und zahlbar sein. Das Finanzamt (FA) setzte die Grunderwerbsteuer in Höhe von 219.691 DM fest. Es ging dabei von einer Bemessungsgrundlage von 6.897.700 DM aus, zinste diesen Betrag jedoch wegen der Stundung des Kaufpreises um 620.793 DM ab.

In 2006 geriet der Verkauf der Baugrundstücke ins Stocken. Die GmbH konnte ihre Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen. Über ihr Vermögen wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Bis dahin hatte die GmbH auf den Kaufpreis nur Teilzahlungen in Höhe von insgesamt 2.567.800 € (5.022.180 DM) geleistet. Weitere Zahlungen erfolgten nicht mehr. Der Insolvenzverwalter beantragte beim FA erfolglos die Herabsetzung der Grunderwerbsteuer. Die Klage des Insolvenzverwalters vor dem Finanzgericht hatte ebenfalls keinen Erfolg.

Der BFH bestätigte die Klageabweisung. Bei einem Grundstückskauf bemisst sich die Grunderwerbsteuer nach dem Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Die Kaufpreisforderung ist mit ihrem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Da zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags die Beteiligten davon ausgehen, dass der Kaufpreis auch tatsächlich entrichtet wird, ist dieser mit seinem Nennwert als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzen. Unerheblich ist, ob der Grundstückskäufer den Kaufpreis später tatsächlich zahlt oder der Verkäufer mit der Kaufpreisforderung ganz oder zum Teil ausfällt. Dies hat keine Auswirkungen auf die festgesetzte Grunderwerbsteuer.

Wie der BFH jetzt klargestellt hat, ist es ebenso, wenn über das Vermögen des Käufers das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Zwar wird dann die Kaufpreisforderung uneinbringlich, soweit der Verkäufer im Insolvenzverfahren nicht befriedigt wird. Dies berührt aber weder die Wirksamkeit des Kaufvertrags noch kommt es zu einer Herabsetzung des Kaufpreises, da für dessen Bestimmung der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich ist. Eine Änderung kommt auch nicht nach § 16 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes in Betracht. Danach kann zwar die Herabsetzung der Kaufpreisforderung nach Abschluss des Kaufvertrags zu einer Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids führen. Der teilweise Ausfall der Kaufpreisforderung aufgrund der Insolvenz des Käufers ist aber keine derartige Herabsetzung des Kaufpreises.

Der Entscheidung des BFH kommt über den Streitfall hinaus allgemeine Bedeutung zu. So käme eine Minderung der Grunderwerbsteuer aufgrund eines Zahlungsausfalls des Käufers z.B. auch dann nicht in Betracht, wenn der Verkäufer Grunderwerbsteuerschuldner ist.

Vorlage an den Großen Senat des BFH zur erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG

Dem Großen Senat des BFH wird gemäß § 11 Abs. 2 FGO folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

Ist einer grundstücksverwaltenden, nur kraft ihrer Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielenden Gesellschaft die sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch dann nicht zu gewähren, wenn sie an einer grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt ist?

BFH Vorlagebeschluss vom 21.7.2016, IV R 26/14

Begründung:

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat zu entscheiden, ob eine grundstücksverwaltende Gesellschaft, die nur kraft ihrer Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielt, Anspruch auf die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) hat, wenn sie an einer gleichfalls grundstücksverwaltenden, aber nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt ist. Der IV. Senat des BFH hat diese Frage dem Großen Senat mit Beschluss vom 21. Juli 2016 IV R 26/14 vorgelegt.

Die vom Großen Senat nunmehr zu treffende Entscheidung ist für den Immobilienbereich von großer Bedeutung. Denn grundsätzlich wird die Verwaltung von Immobilien nicht von der Gewerbesteuer erfasst. Gewerbesteuer kann nur anfallen, wenn die Verwaltung von einer Personen- oder Kapitalgesellschaft ausgeübt wird, die allein aufgrund ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt. Beschränkt sich die Gesellschaft aber auf die Immobilienverwaltung, wird der daraus erwirtschaftete Gewinn durch die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG im Ergebnis vollständig von der Gewerbesteuer ausgenommen. Bei großen Vermögen kann ein Interesse daran bestehen, Immobilien in Untergesellschaften auszugliedern. Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob dies ohne Gefährdung der Freistellung von der Gewerbesteuer möglich ist.

Im konkreten Streitfall war die Klägerin, eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG, an einer vermögensverwaltenden GbR beteiligt, die Eigentümerin einer Immobilie war. Die Klägerin machte die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Sätze 2 ff. GewStG geltend. Nach dem Grundtatbestand dieser Vorschrift ist der Gewinn bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten, um den Teil des Gewerbeertrags zu kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Das Finanzamt versagte diese erweiterte Kürzung, da die Beteiligung an einer Personengesellschaft nicht dem eigenen Grundbesitz gleichzustellen sei.

Nach der in dem Vorlagebeschluss vertretenen Ansicht ist der Begriff des eigenen Grundbesitzes steuerrechtlich auszulegen. Steuerrechtlich wird das Eigentum einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft den hinter ihr stehenden Gesellschaftern anteilig zugerechnet. Ein in zivilrechtlichem Eigentum der Personengesellschaft stehendes Grundstück ist aus dieser –vom vorlegenden Senat favorisierten– Perspektive nicht deren „eigener Grundbesitz“, sondern Grundbesitz der Gesellschafter. Geht man –wie es ein anderer Senat des BFH vertreten hat– allein vom Zivilrecht aus, ist der Grundbesitz der Personengesellschaft zuzuordnen. Über diese danach im BFH umstrittene Frage hat jetzt der Große Senat des BFH zu entscheiden.

Beginn des Gewerbebetriebs der Obergesellschaft einer doppelstöckigen Personengesellschaft

Sind Gesellschaftszweck und tatsächliche Betätigung einer Personengesellschaft als Obergesellschaft (allein) auf die Beteiligung an gewerblich tätigen Ein-Schiffs-Kommanditgesellschaften gerichtet, so ist für die Bestimmung des Beginns der werbenden Tätigkeit der Obergesellschaft an den Beginn der werbenden Tätigkeit der Untergesellschaft(en) anzuknüpfen.

Allein der Umstand, dass die Obergesellschaft für den Erwerb der Beteiligungen eingeworbene Gelder auf einem Kontokorrent- oder Termingeldkonto bei einer Bank angelegt hat, rechtfertigt noch nicht die Annahme des Beginns des Gewerbebetriebs i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls der Beginn der werbenden Tätigkeit von bloßen Vorbereitungshandlungen abzugrenzen.

BFH Urteil vom 12.5.2016, IV R 1/13

Veräußerung einbringungsgeborener Anteile vor Ablauf der Sperrfrist

Der Gewinn aus der vor Ablauf der sog. siebenjährigen Sperrfrist erfolgten Veräußerung einbringungsgeborener Anteile ist nach der im Jahr 2005 geltenden Rechtslage steuerpflichtig. Damit wird nicht gegen Grundrechte des Veräußerers verstoßen. Der Ausschluss der Steuerfreistellung im Fall der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile innerhalb der Sperrfrist ist durch den Sachgesichtspunkt der typisierenden Verhinderung von Umgehungsgestaltungen gerechtfertigt.

BFH Urteil vom 15.4.2015, I R 54/13

Begründung:

Gewinne aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile unterlagen im Streitjahr gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002 i.V.m. § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 8 Abs. 1 KStG 2002 grundsätzlich der Besteuerung.

Zwar bleiben nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG 2002 bei der Ermittlung des Einkommens u.a. Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG gehören, außer Ansatz. Doch ist diese Regelung gemäß § 8b Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 KStG 2002 a.F. nur anzuwenden, soweit die Anteile nicht einbringungsgeboren i.S. des § 21 UmwStG 2002 sind. Nur wenn die Veräußerung einbringungsgeborener Anteile später als sieben Jahre (sog. Sperrfrist) nach der Einbringung stattfindet, bleibt der Veräußerungsgewinn außer Ansatz.

Das FG ist davon ausgegangen, dass es sich bei den von der Klägerin im Streitjahr 2005 verkauften Aktien der G-AG um einbringungsgeborene Anteile handelte und der erzielte Veräußerungsgewinn daher der Besteuerung unterlag. Denn die tatbestandlich einschlägige Steuerbefreiung gemäß § 8b Abs. 2 KStG 2002 gilt bei der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile gerade nicht. Die in § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 KStG 2002 a.F. geregelte Rückausnahme (Veräußerung nach Ablauf der siebenjährigen Sperrfrist) griff nicht ein, weil die Frist noch nicht abgelaufen war. Mit seiner rechtlichen Beurteilung befindet sich das FG in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Senatsurteil vom 25. Juli 2012 I R 88/10, BFHE 238, 108, BStBl II 2013, 94). Fehler bei der Anwendung des einfachen Rechts sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.

Erdienensdauer bei einer Unterstützungskassenzusage

Der von der Rechtsprechung zu Direktzusagen entwickelte Grundsatz, nach dem sich der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft einen Anspruch auf Altersversorgung regelmäßig nur erdienen kann, wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand noch ein Zeitraum von mindestens zehn Jahren liegt, gilt auch bei einer mittelbaren Versorgungszusage in Gestalt einer rückgedeckten Unterstützungskassenzusage.

Kann die sog. Erdienensdauer vom beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mehr abgeleistet werden, ist prinzipiell davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Interesse der Gesellschaft von der (mittelbaren) Versorgungszusage abgesehen hätte. Die von der Gesellschaft als Trägerunternehmen an die Unterstützungskasse geleisteten Zuwendungen sind dann regelmäßig nicht als Betriebsausgaben abziehbar.

BFH Urteil vom 20.7.2016, I R 33/15

§ 7g EStG im Zusammenhang mit dem Investitionsabsicht und dem Finanzierungszusammenhang

Der Steuerpflichtige trägt die Darlegungs- und Feststellungslast für die Investitionsabsicht gemäß § 7g EStG i.d.F. des UntStRefG.

Die Durchführung einer Investition ist ein Indiz für die Existenz einer entsprechenden Investitionsabsicht.

Ein Finanzierungszusammenhang ist im Geltungsbereich des § 7g EStG i.d.F. des UntStRefG nicht mehr zu fordern.

BFH Urteil vom 6.4.2016, X R 15/14

Keine erweiterte Kürzung für Grundbesitz, der im Rahmen einer Betriebsaufspaltung überlassen wird

Ein Besitz-Einzelunternehmen, das im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Grundbesitz an eine Betriebs-Kapitalgesellschaft verpachtet, kann die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch dann nicht in Anspruch nehmen, wenn die Betriebs-Kapitalgesellschaft vermögensverwaltend tätig ist.

Selbst wenn in einem derartigen Fall die Betriebs-Kapitalgesellschaft die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung erfüllt, kommt eine Anwendung dieser Kürzungsvorschrift auf das Besitz-Einzelunternehmen im Wege einer “Merkmalsübertragung” nicht in Betracht.

BFH Urteil vom 22.6.2016, X R 54/14