Private Veranlassung bei doppelte Haushaltsführung

Jede Begründung einer doppelten Haushaltsführung ist auf ihre berufliche oder private Veranlassung zu überprüfen. Insbesondere dann, wenn sich der Steuerpflichtige aus privaten Gründen sich dazu entschlossen hat, die übliche einheitliche Haushaltsführung auf zwei Haushalte aufzuspalten.

München Urteil vom 22. Oktober 2008 1 K 4247/06 rechtskräftig EFG 2009 S. 240 ff.

Eine doppelte Haushaltsführung kann steuerlich nicht anerkannt werden, wenn private Gründe für die Begründung einer solchen ursächlich bestehen.

Anmerkung:

Der BFH hat in seiner Entscheidung in 2009 diesen Sachverhalt teilweise anerkannt. Nicht jede private Veranlassung ist schädlich.

Beschränkung der Mietkosten bei doppelter Haushaltsführung

Der durch die doppelte Haushaltsführung begründete Mehraufwand ist auf den angemessenen Bedarf zu beschränken

BFH Urteil vom 06.03.2008 — VI R 3/05 BFH NV 2008 S. 1315
Vorinstanz: Niedersächsisches FG, Urteil v.28.8.2003,16 K i/o2

Begründung:
Der durch die doppelte Haushaltsführung begründete notwendige Mehraufwand ist auf den angemessenen Bedarf zu beschränken. Deshalb sind Mehraufwendungen notwendig, soweit sie sich für eine Wohnung mit einer Wohnfläche bis zu 60 qm bei einem ortsüblichen Mietzins je qm für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung (Durchschnittsmietzins) ergeben.

Lebensmittelpunkt bei Doppelte Haushaltsführung

Unterhält ein Alleinstehender, der am Beschäftigungsort wohnt, an einem anderen Ort einen eigenen Hausstand, besteht mit zunehmender Dauer besonderer Anlass zu prüfen, wo sich sein Lebensmittelpunkt befindet .

Unterkunftskosten am Beschäftigungsort sind notwendig i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG, wenn sie den Durchschnittsmietzins einer 60 qm-Wohnung am Beschäftigungsort nicht überschreiten .

BFH Urteil vom 9.8.2007, VI R 10/06

Entstehen einem Steuerpflichtigen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung Aufwendungen für eine Wohnung am Beschäftigungsort, ist der Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes auf “notwendige” Mehraufwendungen begrenzt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bisher noch nicht geklärt, welche Höchstgrenze für diesen notwendigen Mehraufwand gilt.

Diese Frage entschied er jetzt mit Urteil vom 9. August 2007 VI R 10/06 dahingehend, dass angesichts der von Ort zu Ort erheblich schwankenden Wohnkosten zwar keine generell geltende betragsmäßige Höchstgrenze genannt werden könne; notwendige Aufwendungen liegen aber nur insoweit vor, wie sie für eine Wohnung mit bis zu 60 qm Wohnfläche und einem nach Lage und Ausstattung durchschnittlichen Wohnstandard am jeweiligen Beschäftigungsort entstehen.

Mit Urteil vom selben Tag VI R 23/05 entschied der BFH weiter, dass diese Flächenbegrenzung auch nicht mit der Begründung überschritten werden kann, dass etwa ein Mangel an kleineren Wohnungen herrsche, die Wohnungswahl eilbedürftig sei oder dass zu der Wohnung ein Zimmer gehöre, das teilweise auch büromäßig genutzt werde. Erfüllt das Zimmer allerdings die Voraussetzungen eines steuerrechtlich anzuerkennenden Arbeitszimmers, sind die dadurch entstehenden Aufwendungen gesondert zu beurteilen und in den gesetzlich für das häusliche Arbeitszimmer vorgesehenen Höchstgrenzen abziehbar.

In den Streitfällen ging es um einen Steuerpflichtigen, der am Beschäftigungsort eine etwa 93 qm große Dreizimmerwohnung unterhielt und die dafür insgesamt angefallenen Kosten als notwendige Mehraufwendungen geltend machte, sowie um eine Steuerpflichtige, die für eine 57 qm große Wohnung den Abzug von Werbungskosten begehrte. Der BFH verwies die Streitfälle jeweils an die Finanzgerichte zurück, damit diese auf der Grundlage weiterer Feststellungen prüfen könnten, ob die den Steuerpflichtigem tatsächlich entstandenen Aufwendungen für die Wohnungen die Grenze des Notwendigen überschritten, nämlich den Betrag, der sich für eine Wohnung mit einer Wohnfläche bis zu 60 qm bei Ansatz eines ortsüblichen Durchschnittsmietzinses ergibt.

Doppelte Haushaltsfährung unentgeltliches Nutzungsrecht

Im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände ist zu klären, ob ein alleinstehender Arbeitnehmer einen eigenen Hausstand unterhält oder in einem fremden Haushalt eingegliedert ist. Dabei ist auch von Bedeutung, ob der Arbeitnehmer die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich nutzt .

BFH Urteil vom 14.6.2007, VI R 60/05

In den Fällen, in denen dem Arbeitnehmer die Wohnung unentgeltlich überlassen wird, kann sich in besonderer Weise die Frage stellen, ob er einen eigenen Hausstand unterhält oder in einen fremden eingegliedert ist. Zwar ist die entgeltliche Einräumung einer Rechtsposition nicht Voraussetzung einer doppelten Haushaltsführung bei Alleinstehenden. Nutzt allerdings der Arbeitnehmer eine Wohnung unentgeltlich, ist stets sorgfältig zu prüfen, ob die Wohnung eine eigene oder die des Überlassenden, z.B. der Eltern, darstellt. Dabei ist das Merkmal der Entgeltlichkeit ein Indiz, das im Zusammenhang mit einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu einer zutreffenden Beurteilung führen kann, nicht jedoch eine unerlässliche Voraussetzung (conditio sine qua non) für die Beantwortung der Frage, ob ein eigener Hausstand unterhalten wird. Denn ein eigener Hausstand kann bei Kostentragung im Übrigen auch in einer unentgeltlich überlassenen Wohnung geführt werden. Hier gilt nichts Anderes als bei einem Familienhaushalt, bei dem es, wie dargestellt, auf die finanzielle Beteiligung des auswärts Beschäftigten an der “Haushaltsführung” ankommt.

Doppelte Haushaltsführung auch bei Wechsel des Wohnortes

Der berufliche Veranlassungszusammenhang einer doppelten Haushaltsführung wird nicht allein dadurch beendet, dass ein Steuerpflichtiger seinen Familienhausstand innerhalb desselben Ortes verlegt.

BFH Urteil vom 04.04.2006 VI R 11/02

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Erforderlich für eine doppelte Haushaltsführung ist demnach eine Aufsplitterung der normalerweise einheitlichen Haushaltsführung auf zwei verschiedene Haushalte (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 29. November 1974 VI R 77/73, BFHE 115, 23, BStBl II 1975, 459).

Es ist zwar richtig, dass eine beruflich begründete doppelte Haushaltsführung in eine privat veranlasste (wie auch umgekehrt) übergehen kann. Eine bloße Verlegung des Familienwohnsitzes bzw. des Haupthausstandes innerhalb eines Ortes oder einer Gemeinde berührt indessen die berufliche Fortdauer der doppelten Haushaltsführung grundsätzlich nicht. Dies gilt gleichermaßen für verheiratete, ledige als auch –wie hier– für in Trennung befindliche Steuerpflichtige.

Fehlender Mietvertrag ist für die doppelte Haushaltsführung unbeachtlich

Entgeltliche Einräumung einer Rechtsposition keine Voraussetzung der doppelten Haushaltsführung

BUNDESFINANZHOF Beschluß vom 16.4.2008, VI B 126/07

Wie die Einspruchsentscheidung und die im Klageverfahren eingereichten Schriftsätze verdeutlichen, war vielmehr allein streitig, ob der Kläger im Haus seiner Mutter einen eigenen Hausstand führte bzw. unterhielt. Nach Auffassung des FA war dies zu verneinen, weil der Kläger die Wohnung im Wesentlichen unentgeltlich nutzen durfte. Der Kläger vertrat demgegenüber die Ansicht, dass die Frage der Entgeltlichkeit der Nutzung nicht entscheidungserheblich sei.

Auch soweit das FG angenommen hat, dass der Kläger einen Haushalt nicht selbst führte (vgl. 3.a. der Entscheidungsgründe) und auch über keinen “eigenen” Hausstand verfügte (vgl. 3.c. der Entscheidungsgründe), war dies für den Kläger nicht erkennbar. Denn auch diese Gesichtspunkte hatten bis zur Entscheidung weder im außergerichtlichen Vorverfahren noch im Klageverfahren eine nennenswerte Rolle gespielt. Nach Aktenlage gibt es keinen Hinweis darauf, dass der Kläger in den Haushalt seiner Mutter eingegliedert war. Es war auch nicht ausdrücklich im Streit, dass der Kläger die ihm überlassene Wohnung aufgrund einer mit seiner Mutter getroffenen Absprache dauerhaft zu eigenen Wohnzwecken nutzen konnte. Soweit das FA in der Einspruchsentscheidung ausgeführt hat, mangels mietvertraglicher Regelung handele es sich nicht um eine Nutzung aufgrund eigenen Rechts, ist diese Auffassung zum einen rechtsirrig. Zum anderen hat das FA damit die Überlassung der Wohnung zur dauerhaften Nutzung in anderer Form nicht in Abrede gestellt.

Nachdem der BFH während des Klageverfahrens entschieden hatte, dass die entgeltliche Einräumung einer Rechtsposition nicht Voraussetzung einer doppelten Haushaltsführung ist (vgl. Urteil in BStBl II 2007, 890), konnte der Kläger aufgrund des bisherigen Prozessverlaufs mangels eines gegenteiligen Hinweises davon ausgehen, dass das FG diesen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung machte. Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs hätte das FG den Kläger darauf hinweisen müssen, dass weitere, bis dahin nicht angesprochene und aufklärungsbedürftige (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) Gesichtspunkte entscheidungserheblich sein könnten. Ein solcher Hinweis ist jedoch unterblieben.