Vorsteuerabzug bei Treuhandhandverhältnis

Saniert ein Treuhänder ein Gebäude für Zwecke einer umsatzsteuerpflichtigen Vermietung, ist der Treuhänder und nicht der Treugeber aufgrund der im Namen des Treuhänders bezogenen Bauleistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt.

 BFH Urteil vom 18. Februar 2009 V R 82/07

Überlassung von Strom als unselbständige Nebenleistung zur steuerfreien langfristigen Vermietung von Stellflächen an Dauercamper

Die langfristige Vermietung von Grundstücken, die als Campingplätze genutzt werden, ist nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a i.V.m. Satz 2 UStG steuerfrei.

Das Gericht hat entschieden, dass die Überlassung der Standplätze das wesentliche Element der Leistungen der Klägerin an die Camper sei und die darüber hinaus erbrachten Leistungen der Klägerin Nebenleistungen seien, weil nach heutigen Maßstäben eine Vermietung eines Campingplatzes ohne Stromanschluss nicht mehr möglich sei.

Der BFH folgt somit nicht der gegenteiligen Regelung der Finanzverwaltung in Abschn. 78 Abs. 3 Satz 7 i.V.m. Abschn. 76 Abs. 6 Satz 1 UStR, wonach die Lieferung von Strom durch die Campingplatzunternehmer nicht als Nebenleistung zur Grundstücksüberlassung anzusehen ist. In dem in Abschn. 76 Abs. 6 Satz 1 UStR zur Begründung angeführten Urteil des RFH in RStBl 1931, 166 ist ausgeführt, unter die Steuerbefreiung für Verpachtungen und Vermietungen von Grundstücken falle nicht die Lieferung von elektrischem Strom, weil es sich dabei um die Lieferung beweglicher Sachen handele. Diese Sichtweise entspricht nicht den heute geltenden Kriterien für die Annahme einer einheitlichen Leistung und insbesondere den Voraussetzungen für die Annahme von Haupt- und Nebenleistung.

 

Vorsteuerabzug aus Beratungsleistungen

Es ist geklärt, dass mangels ausreichender Leistungsbeschreibung kein Anspruch auf Vorsteuerabzug besteht, wenn die Leistung mit „Beratungsleistung“ bezeichnend ist und sich nicht aus den Rechnungsangaben leicht und eindeutig ergibt, über welche Leistung abgerechnet worden ist.

BFH Beschluss vom 16.12.2008 – VB 228/07 BFHNV 2009 S. 620 f.

 Begründung:

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH dient die Rechnung oder Gutschrift als Abrechnungspier für den Vorsteuerabzug als Belegnachweis. Das Abrechnungspapier muss Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen

Keine sonstige Leistung bei ernsthaften Verbot der privaten Nutzung betrieblicher Fahrzeuge

Das ernsthaft gegenüber dem Arbeitnehmer ausgesprochene Verbot ein zur Verfügung gestelltes Fahrzeug privat zu nutzen kann eine sonstige Leistung in Form einer Nutzungsüberlassung für private Zwecke ausschließen.

 BFH Urteil vom 08.10.2008 – XI R 66/07 BFHNV 2009 S. 616 f.

 Bemerkungen:

Ob ein solches Verbot ernsthaft ist, ist aufgrund einer umfassenden Würdigung insbesondere anhand der Kontrollen der Einhaltung des Verbots durch den Arbeitgeber festzustellen

Vorsteueraufteilung ist auch ab 2004 nach einem Umsatzschlüssel möglich. Die Regelung in § 15 Abs. 4 UStG ist europarechtswidrig !

Die ab 2004 geltende Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG, die eine Vorsteueraufteilung nach einem Umsatzschlüssel faktisch ausschließt, ist europarechtswidrig. Der Steuerpflichtige kann sich unmittelbar auf die für ihn günstigere Regelung im europäischen Gemeinschaftsrecht berufen.

Niedersächsische Finanzgericht (FG) hat mit Urteil vom 23.04.2009  ( 16 K 271/06) Revision zugelassen.

Erläuterung:

Wird ein Gebäude teilweise steuerfrei, teilweise steuerpflichtig vermietet, so kann der Steuerpflichtige die bei Herstellung des Gebäudes angefallenen Vorsteuern nur insoweit abziehen, als sie auf die steuerpflichtigen Umsätze entfallen. In der Vergangenheit war lange streitig, ob die Aufteilung der Vorsteuern nur im Verhältnis der steuerfrei/steuerpflichtig genutzten Gebäudeflächen oder auch nach dem Verhältnis der mit den einzelnen Gebäudeeinheiten erzielten Umsätze zulässig ist.

Nach dem zum 01.01.2004 in Kraft getretenen § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ist in der Regel für den Steuerpflichtigen günstigere Aufteilung nach dem Verhältnis der Umsätze nur möglich, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Da der Flächenschlüssel aber immer einen sachgerechten Aufteilungsmaßstab darstellt, bewirkt § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG de facto einen Ausschluss des Umsatzschlüssels.

Nunmehr hat das Niedersächsische FG entschieden, dass die Regelung in § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nicht mit Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie vereinbar ist. Dieses sieht nämlich den Umsatzschlüssel als Regelaufteilungsmaßstab vor. Das beklagte Finanzamt hatte sich darauf berufen, dass das Gemeinschaftsrecht die EU-Mitgliedstaaten ermächtigt, abweichende Bestimmungen über die Aufteilung der Vorsteuern zu treffen. Nach Auffassung des Niedersächsischen FG ist davon aber nicht eine Regelung gedeckt, die faktisch zum gänzlichen Ausschluss des Umsatzschlüssels führt. Der Steuerpflichtige ist deshalb auch nach dem Jahre 2003 weiterhin berechtigt, unter Berufung auf Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie seine Vorsteuern nach einem Umsatzschlüssel aufzuteilen.

Erstattung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung bei widerrufener Dauerfristverlängerung

Wird die Dauerfristverlängerung für die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen widerrufen und die Sondervorauszahlung auf die Vorauszahlung für den letzten Voranmeldungszeitraum, für den die Fristverlängerung gilt, angerechnet, ist der insoweit nicht verbrauchte Betrag der Sondervorauszahlung nicht zu erstatten, sondern mit der Jahressteuer zu verrechnen. Nur soweit die Sondervorauszahlung auch durch diese Verrechnung nicht verbraucht ist, entsteht ein Erstattungsanspruch.

 BFH Urteil vom 16. Dezember 2008 VII R 17/08

 

Uneinbringlichkeit bei kreditfinanzierter Warenlieferung

Bei einer kreditfinanzierten Warenlieferung, bei der der Warenlieferant den Darlehensvertrag zwischen dem Käufer und den Warenkauf finanzierenden Bank vermittelt hat und die Zahlung des Kaufpreises von der Bank an den Warenlieferanten unter dem Vorbehalt erfolgt ist, dass der Käufer die Raten zur Tilgung des Darlehens zahlt, liegt Uneinbringlichkeit vor, wenn der Käufer die Darlehensraten nicht mehr zahlt und sich die Bank über ein vom Warenlieferanten zu diesem Zweck unterhaltenes Sperrkonto den ausstehenden Darlehensbetrag zurückholt.

Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Dezember 2008 6 K 2270/07 EFG 2009 S. 533 ff.

 Anmerkung:

Gegen diese Entscheidung ist einer Revision beim Bundesfinanzhof anhängig

Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG für vor 2005 erworbenes Umlaufvermögen

Für vor dem 1. Januar 2005 ausgeführte Umsätze, die zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern führen, die nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet werden ("Umlaufvermögen"), besteht auch unter Berücksichtigung von Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG kein Anspruch auf Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG.

BFH Urteil vom 12. Februar 2009 V R 85/07

Begründung:

 Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung war, wenn sich bei einem Wirtschaftsgut innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse änderten, für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Diese Vorschrift erfasst nur die Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse bei Gegenständen des Anlagevermögens, nicht aber auch bei Gegenständen des Umlaufvermögens.

Ein Anspruch auf Vorsteuerberichtigung ergibt sich auch nicht aus § 15a Abs. 2 Satz 1 UStG 2005. Danach ist eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorzunehmen, wenn sich bei einem Wirtschaftsgut, das nur einmalig zur Ausführung eines Umsatzes verwendet wird, die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse ändern. Zwar erfasst diese Vorschrift auch die bei Gegenständen des Umlaufvermögens eintretende Änderung der Verhältnisse. Die Vorschrift ist jedoch nach § 27 Abs. 11 UStG 2005 nur auf Vorsteuerbeträge anzuwenden, deren zugrunde liegende Umsätze anders als im Streitfall erst nach dem 31. Dezember 2004 ausgeführt wurden.

Entgegen der Auffassung des Klägers kommt eine analoge Anwendung der im Streitjahr für Anlagevermögen bestehenden Berichtigungsvorschrift des § 15a Abs. 1 UStG auf Umlaufvermögen nicht in Betracht. Dass der nationale Gesetzgeber nach der Richtlinie bestehende Regelungsmöglichkeiten nicht ausgeübt hat, rechtfertigt nicht die Annahme einer für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke.

 

 

 

EuGH-Vorlage zum umsatzsteuerlichen Leistungsort bei Zellvermehrung für ausländische Unternehmer und zur Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

Dem EuGH werden die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

 1. Ist Art. 28b Teil F Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass

 a) das einem Menschen entnommene Knorpelmaterial ("Biopsat"), welches einem Unternehmer zum Zwecke der Zellvermehrung und anschließenden Rückgabe als Implantat für den betroffenen Patienten überlassen wird, ein "beweglicher körperlicher Gegenstand" im Sinne dieser Bestimmung ist,

 b) das Herauslösen der Gelenkknorpelzellen aus dem Knorpelmaterial und die anschließende Zellvermehrung "Arbeiten" an beweglichen körperlichen Gegenständen im Sinne dieser Bestimmung sind,

 c) die Dienstleistung dem Empfänger bereits dann "unter seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erbracht" worden ist, wenn diese in der Rechnung des Erbringers der Dienstleistung angeführt ist, ohne dass eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung über ihre Verwendung getroffen wurde?

 2. Falls eine der vorstehenden Fragen verneint wird:
Ist Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass das Herauslösen der Gelenkknorpelzellen aus dem einem Menschen entnommenen Knorpelmaterial und die anschließende Zellvermehrung dann eine "Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin" ist, wenn die durch die Zellvermehrung gewonnenen Zellen dem Spender wieder implantiert werden?

 BFH Beschluss vom 1. April 2009 XI R 52/07

Erläuterungen;

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) mit Beschluss vom 1. April 2009 XI R 52/07 mehrere Fragen im Zusammenhang mit dem Leistungsort bei der Vermehrung menschlicher Zellen durch Zellkultivierung für ausländische Unternehmer und zur Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Die in Deutschland ansässige Klägerin ist im Bereich der Gewebezüchtung (Tissue-Engineerung) tätig. Sie löst aus dem ihr von Ärzten oder Kliniken übersandten Knorpelmaterial eines Patienten Zellen heraus, die sie durch Zellkultivierung vermehrt und die dann dem Patienten wieder implantiert werden. Sie ist der Meinung, ihre Umsätze mit Auftraggebern aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft sind nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c des Umsatzsteuergesetzes nicht in Deutschland umsatzsteuerpflichtig. Nach dieser Vorschrift unterliegen im Inland ausgeführte "Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen" nicht der deutschen Umsatzsteuer, wenn der Leistungsempfänger in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und er die dort erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer "verwendet". Diese Vorschrift beruht auf Art. 28b Teil F der Richtlinie 77/388/EWG.

Der BFH hat den EuGH um eine Vorabentscheidung darüber ersucht, ob die Zellvermehrungen zum Zwecke der Eigenimplantation als "Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen" im Sinne von Art. 28b Teil F der Richtlinie 77/388/EWG qualifiziert werden können und ob einem Leistungsempfänger, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, eine Dienstleistung nur dann im Sinne dieser Bestimmung "unter seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erbracht worden" ist, wenn darüber eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen worden ist. Hilfsweise hat der BFH gefragt, ob die Zellvermehrung eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin ist.