Vorsteuerabzug im Insolvenzverfahren

Dient ein Insolvenzverfahren sowohl der Befriedigung von Verbindlichkeiten des –zum Vorsteuerabzug berechtigten– Unternehmens wie auch der Befriedigung von Privatverbindlichkeiten des Unternehmers, ist der Unternehmer aus der Leistung des Insolvenzverwalters grundsätzlich im Verhältnis der unternehmerischen zu den privaten Verbindlichkeiten, die im Insolvenzverfahren jeweils als Insolvenzforderungen geltend gemacht werden, zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt.

BFH Urteil vom 15.4.2015, V R 44/14

Begründung (BFH):

Unternehmer können nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Vorsteuerabzug auch aus den von Insolvenzverwaltern erbrachten Leistungen in Anspruch nehmen. Dies hat der V. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) mit Urteil vom 15. April 2015 V R 44/14 entschieden.

Im Streitfall ging es um eine Einzelunternehmerin, die Umsätze mit Recht auf Vorsteuerabzug ausgeführt hatte. Über ihr Vermögen wurde das Insolvenzverfahren zur Befriedigung unternehmerischer wie auch privater Insolvenzforderungen eröffnet. Sie hatte ihre unternehmerische Tätigkeit bereits vor der Insolvenzeröffnung eingestellt. Der Insolvenzverwalter übernahm Abwicklungstätigkeiten. Für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter erteilte er eine Rechnung mit Steuerausweis an die Einzelunternehmerin und nahm für die Unternehmerin den Vorsteuerabzug zugunsten der Insolvenzmasse in Anspruch.

Dies ist grundsätzlich möglich. Dient das Insolvenzverfahren allerdings der Befriedigung unternehmerischer wie auch privater Insolvenzforderungen, besteht ein nur anteiliges Recht auf Vorsteuerabzug. Die Vorsteuerbeträge sind nach dem Verhältnis der zur Tabelle angemeldeten unternehmerisch begründeten Verbindlichkeiten zu den Privatverbindlichkeiten aufzuteilen. Ob die einzelnen Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist ohne Bedeutung. Ausdrücklich offengelassen hat der BFH, wie zu entscheiden wäre, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen fortgeführt hätte.

 

Zum Gutglaubensschutz beim Vorsteuerabzug

Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO bestehen in der Beurteilung der Rechtsfrage, ob mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH der Leistungsempfänger im Festsetzungsverfahren zum Abzug der Vorsteuerbeträge berechtigt ist, wenn er auf die Angaben des Lieferanten in der Rechnung vertraute und sich diese Angaben später als falsch herausstellen.

BFH Beschluss vom 18.02.2015 – V S 19/14 BFH NV 2015 S. 866

Sachverhalt:

Die Antragstellerin, Klägerin und Revisionsklägerin (Antragstellerin) –eine 1995 gegründete GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer A ist– handelte in den Streitjahren 2007 und 2008 mit Kraftfahrzeugen.

Anlässlich einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung, die den Voranmeldungszeitraum 2007 und die Voranmeldungszeiträume Januar bis Juni 2008 umfasste, gelangte die Prüferin ausweislich des Umsatzsteuer-Sonderprüfungsberichtes vom 29. Januar 2010 zu folgenden Feststellungen:

Bisher als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an die Firma „…” (B) in Spanien behandelte Umsätze seien steuerpflichtig, was zu Mehrsteuern in Höhe von 84.475,71 EUR im Jahr 2007 und 605.377,24 EUR in den Voranmeldungszeiträumen Januar bis Juni 2008 führe. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung X-Stadt seien die betroffenen Fahrzeuge tatsächlich nicht nach Spanien verbracht, sondern im Inland weiter vermarktet worden. Zudem seien Vorsteuerbeträge aus Rechnungen der D GmbH (D) in Höhe von 86.130,67 EUR (2007) und 311.159,33 EUR (Januar bis Juni 2008) nicht abziehbar, weil es sich bei dieser Firma um eine „Scheinfirma” gehandelt habe, die unter ihrer Rechnungsanschrift keinen Sitz gehabt habe.

Im Rahmen einer weiteren, nunmehr die Voranmeldungszeiträume Juli bis Dezember 2008 umfassenden Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte die Prüferin fest, dass die Antragstellerin in diesem Zeitraum Vorsteuerbeträge aus Rechnungen der D in Höhe von 397.690,83 EUR geltend gemacht hatte, die ebenfalls nicht abziehbar seien.

Begründung:

Nach diesen Maßgaben bestehen im Streitfall insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide, als das FA darin den Vorsteuerabzug aus Rechnungen der D versagt hat.

Die Angabe einer Anschrift, an der im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung keinerlei geschäftliche Aktivitäten stattfinden, reicht für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung (grundsätzlich) nicht aus. Zwar kann nach den Umständen des Einzelfalls auch die Angabe eines „Briefkastensitzes” mit postalischer Erreichbarkeit als Anschrift, die die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG erfüllt, genügen . Unter welchen besonderen Umständen die Angabe einer Anschrift mit nur postalischer Erreichbarkeit als zutreffende Anschrift für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung ausreichend sein könnte, ist höchstrichterlich aber insoweit geklärt, als es jedenfalls bei einer GmbH, die –wie hier die D– in großem Umfang mit Kfz handelt, nicht ausreicht, wenn sich unter der in der Rechnung angegebenen Anschrift keine eigenen Geschäftsräume, sondern lediglich eine nicht in Anspruch genommene Telefonleitung und eine Briefempfangsstelle befinden.

Unentschiedenheit oder Unsicherheit besteht dagegen in der Beurteilung der Rechtsfrage, ob mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH (vgl. z.B. Urteile Mahagében und Dávid, C-80/11 und C-142/11, EU:C:2012:373; Maks Pen EOOD, C-18/13, EU:C:2014:69) der Leistungsempfänger zum Abzug der Vorsteuerbeträge berechtigt ist, wenn er auf die Angaben des Lieferanten vertraute und sich diese Angaben später als falsch herausstellen. Insoweit könnte die Antragstellerin –obgleich § 15 UStG den Schutz des guten Glaubens an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen nicht vorsieht und Vertrauensschutzgesichtspunkte deshalb grundsätzlich nicht bei der Steuerfestsetzung, sondern im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme gemäß §§ 163, 227 AO berücksichtigt werden können  zum Vorsteuerabzug berechtigt sein (vgl. auch FG Münster in EFG 2014, 395, nach dem –entgegen der Vorentscheidung– die Angabe eines Scheinsitzes dem Vorsteuerabzug nicht entgegensteht, wenn sich für den Leistungsempfänger keine Zweifel an der in der Rechnung angegebenen Anschrift hätten ergeben müssen).

Nach Auffassung des Sächsischen FG (Beschluss vom 4. März 2014 4 V 297/13, juris) bestehen Zweifel daran, ob der Vorsteuerabzug ausschließlich mit der Begründung versagt werden kann, dass es sich bei der angegebenen Rechnungsanschrift um einen sog. „Scheinsitz” handelt und damit die erforderliche „zutreffende” Anschrift des leistenden Unternehmers in der Rechnung fehlt. Das FG Berlin-Brandenburg hält es für ernstlich zweifelhaft, dass allein wegen einer (objektiv) fehlerhaften Anschrift im Abrechnungsdokument der Vorsteuerabzug versagt werden kann (Beschluss vom 3. April 2014 7 V 7027/14. EFG 2014 S. 1445).

Angesichts dieser ungeklärten Rechtslage ist die beantragte AdV zu gewähren, soweit das FA den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der D in dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid versagte. Ist –wie hier– die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärenden Fragen grundsätzlich nicht im summarischen Beschlussverfahren zu entscheiden; die Klärung muss vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Im Übrigen bestehen an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide keine ernstlichen Zweifel. Bei den in den Rechnungen an die B abgerechneten Umsätzen hat es sich um steuerpflichtige Lieferungen gehandelt; die Voraussetzungen der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a UStG) liegen nicht vor.

Gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG sind die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a) steuerfrei. Eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung setzt gemäß § 6a Abs. 1 UStG u.a. voraus, dass der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat. Dabei hat der Unternehmer die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 und 2 UStG gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) beleg- und buchmäßig nachzuweisen.

Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 131 und 138 MwStSystRL. Gemäß Art. 131 MwStSystRL wird auch die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung „unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften und unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch festlegen”. Nach Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, von der Steuer, wenn diese Lieferung an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, der/die als solche/r in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände handelt. Die Antragstellerin hat die von ihr für die Lieferung der Fahrzeuge beanspruchte Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen.

In den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, soll der Unternehmer den Nachweis hierüber gemäß § 17a Abs. 2 UStDV durch das Doppel einer Rechnung nach §§ 14, 14a UStG (Nr. 1), durch einen handelsüblichen Beleg (Nr. 2), durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten (Nr. 3) sowie in den Fällen der Beförderung des Gegenstandes durch den Abnehmer, durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern (Nr. 4), führen.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Zwar kann sich die gemäß § 17a Abs. 2 Nr. 2, § 17c Abs. 2 Nr. 9 UStDV erforderliche Angabe des Bestimmungsorts –wie die Antragstellerin sinngemäß vorbringt– unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall aus der Rechnungsanschrift des Abnehmers ergeben. Dies gilt jedoch im Grundsatz nur, wenn davon auszugehen ist, dass der Gegenstand der Lieferung auch zum Unternehmenssitz des Abnehmers versendet oder befördert wird. Das ist hier nicht der Fall. Denn nach den Feststellungen des FG ist der Verbleib der

Die betreffenden Lieferungen sind auch nicht nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei. Die Frage des Gutglaubensschutzes stellt sich –wovon das FG zutreffend ausgegangen ist– erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nachgekommen ist. Maßgeblich ist hierfür die formelle Vollständigkeit, nicht aber die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt. Im Streitfall fehlt es an einem belegmäßigen Nachweis des Bestimmungsorts, weil dieser –wie vorstehend unter II.2.d aa ausgeführt– nicht ohne weiteres mit der Unternehmensanschrift des B gleichgesetzt werden kann.

Vorsteuerabzug aus Anzahlung für nicht geliefertes Blockkraftheizwerk

Vorsteuerabzug aus Anzahlung für nicht geliefertes Blockkraftheizwerk

BFH Urteil vom 29.1.2015, V R 51/13

Sachverhalt:

Streitig ist der Vorsteuerabzug aus einem zum Zwecke der Verpachtung gekauften und angezahlten, aber nicht gelieferten Blockheizkraftwerk.

Mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 399 veröffentlichten Urteil gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Die Klägerin sei zum Vorsteuerabzug berechtigt, weil sie mit der beabsichtigten Verpachtung des Blockheizkraftwerks Unternehmerin geworden sei. Sie könne den Vorsteuerabzug auch vor Lieferung des Kraftwerks geltend machen, weil sie eine Anzahlung geleistet habe und eine Rechnung vorliege (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung –UStG–). Selbst wenn es sich auf Seiten der X-AG oder der XY-GmbH um ein Scheingeschäft gehandelt haben sollte, könne der Klägerin der Vorsteuerabzug nicht versagt werden, weil sie von einer Einbeziehung in einen Steuerbetrug weder gewusst habe oder noch hätte wissen können

Begründung:

Soweit ein gesondert ausgewiesener Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung der Umsätze i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG entfällt, ist er gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 UStG bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist.

Zusätzliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung ist es nach der Entscheidung des EuGH in der Sache Firin (UR 2014, 705 Rz 39 Satz 1) jedoch, dass der Eintritt des Steuertatbestandes im Zeitpunkt der Anzahlung jedoch nicht “unsicher” ist. Dies hat der EuGH damit begründet, dass der Vorsteuerabzug grundsätzlich erst dann entsteht, wenn auch der Anspruch auf die abziehbare Vorsteuer entsteht. Dies setzt voraus, dass zunächst alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestandes der künftigen Lieferung oder sonstigen Leistung zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind.

Das FG hat jedoch –von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig– bislang nicht geprüft, ob aus der objektivierten Sicht der Klägerin die Leistung “unsicher” war und sie das spätere Ausbleiben des Blockkraftheizwerkes mit den in der Leistungsbeschreibung enthaltenen technischen Merkmalen wusste oder hätte wissen müssen.

Vorsteuerabzug bei Totalverlust der Rechnungen

Den Nachweis darüber, dass ein anderer Unternehmer Steuern für Lieferungen oder sonstige Leistungen gesondert in Rechnung gestellt hat, kann der Unternehmer mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen.

Einem Beweisantrag auf Vernehmung von Zeugen muss das FG nur dann nachkommen, wenn dieser hinreichend substantiiert ist. Dies setzt voraus, dass er sich auf das Vorliegen von Originalrechnungen für konkret bezeichnete Eingangsleistungen bezieht.

BFH Urteil vom 23.10.2014, V R 23/13

Sachverhalt:

Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) die vom Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren (1998 bis 2001) geltend gemachten Vorsteuerbeträge nach dem Totalverlust der Buchführungsunterlagen zu Recht um 40 % gekürzt hat.

Unter Berücksichtigung der Betriebsprüfungen der Vorjahre und der allgemeinen Lebenserfahrung ging der Prüfer davon aus, dass zumindest ein Teil der Originalrechnungen zum Zeitpunkt der Buchungen und der Geltendmachung des jeweiligen Vorsteuerabzugs vorgelegen hätten. In den beiden vorherigen Betriebsprüfungen sei der Vorsteuerabzug aus den verschiedensten Gründen und im Einzelfall bis zu 25 % des geltend gemachten Vorsteuerabzugs nicht anerkannt worden. Da diese Prüfungen immer nur auszugsweise und punktuell erfolgt seien und bei genauerer und umfassender Prüfung vielleicht noch weitere Beträge nicht zum Vorsteuerabzug zugelassen worden wären, sei die Nichtanerkennung von 40 % des jährlich geltend gemachten Vorsteuerabzugs angemessen.

Begründung:

Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Vorsteuerbeträge hat. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Das entstandene Recht auf Vorsteuerabzug kann erst dann ausgeübt werden, wenn der Steuerpflichtige im Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung ist.

Deshalb musste eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung zwar nicht sämtliche der in § 14 Abs. 1 UStG aufgeführten Merkmale aufweisen. Erforderlich waren jedoch Angaben tatsächlicher Art in der Rechnung, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, der Rechnungsaussteller habe Lieferungen oder sonstige Leistungen an den Leistungs-empfänger erbracht, für die die Umsatzsteuer gesondert in Rechnung gestellt wurde. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung musste dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Was zur Ermittlung dieser Voraussetzungen erforderlich war, richtete sich nach den Umständen des Einzelfalles

Es ist daher regelmäßig Sache des Leistungsempfängers darzulegen und nachzuweisen, dass der Vorsteueranspruch entstanden ist, er also Leistungen von einem Unternehmer für sein Unternehmen bezogen hat. Weiterhin hat der Unternehmer darzulegen und nachzuweisen, dass er eine ordnungsgemäße Rechnung in Besitz hatte. § 15 Abs. 1 UStG erfordert dagegen nicht, dass das Abrechnungspapier auch noch in einem späteren Zeitpunkt vorhanden ist..

Vorsteuerabzug bei zu Wohnzwecken genutztem Geschäftsgebäude einer GmbH

Will eine juristische Person die Vorsteuern aus Herstellungskosten eines teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch (zu Wohnzwecken des Geschäftsführers) genutzten Gebäudes abziehen, muss sie bis zum 31. Mai des Folgejahres erklären, dass sie das Gebäude insgesamt ihrem Unternehmen zugeordnet hat.

BFH Urteil vom 20.03.2014 – V R 27/12 (BFHNV 2014 S. 1097) (veröffentlicht am 07.05.2014)

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) –eine GmbH– erbringt steuerpflichtige EDV-Dienstleistungen. Gesellschafter der Klägerin waren B.S. zu 88 % und seine Ehefrau A.S. zu 12 %. B.S. war außerdem seit 1. Januar 2001 Geschäftsführer der Klägerin. Die Klägerin begann im Streitjahr (2003), ein Einfamilienhaus zu errichten, das sie ab dem 1. Mai 2004 teilweise zu Wohnzwecken und ab Juni 2004 als Firmensitz nutzte. B.S. war berechtigt, die nicht durch die Klägerin genutzten Räumlichkeiten “unentgeltlich” zu privaten Wohnzwecken zu nutzen.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO), weil Feststellungen zur Rechtzeitigkeit der Dokumentation einer Zuordnungsentscheidung hinsichtlich des Wohnteils zum Unternehmensvermögen bis zum 31. Mai des Folgejahres nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), die das FG noch nicht berücksichtigen konnte, fehlen.

Der Unternehmer kann gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

Ist ein Gegenstand –wie das nach den Feststellungen des FG im Streitfall hergestellte Einfamilienhaus– sowohl für den unternehmerischen Bereich als auch für den nichtunternehmerischen privaten Bereich des Unternehmers vorgesehen (gemischte Nutzung), wird der Gegenstand nur dann für das Unternehmen bezogen, wenn und soweit der Unternehmer ihn seinem Unternehmen zuordnet (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union –EuGH– vom 8. März 2001 C-415/98 –Bakcsi–, Slg. 2001, I-1831, 149, BFH/NV Beilage 2001, 52, Leitsatz 1 sowie Rz 25). Insoweit hat der Steuerpflichtige (Unternehmer) nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH ein Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen oder ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen oder den Gegenstand entsprechend dem –geschätzten– unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen.

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin gelten dieselben Grundsätze auch dann, wenn der Unternehmer keine natürliche, sondern –wie im Streitfall– eine juristische Person (GmbH) ist. Will eine juristische Person die Vorsteuern aus Herstellungskosten eines teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch (zu Wohnzwecken des Geschäftsführers) genutzten Gebäudes abziehen, muss sie bis zum 31. Mai des Folgejahres erklären, dass sie das Gebäude insgesamt ihrem Unternehmen zugeordnet hat. Zur weiteren Begründung wird auf das Urteil verwiesen, dem sich der Senat insoweit anschließt.

Das Erfordernis einer rechtzeitigen Dokumentation der Zuordnungsentscheidung gilt auch bei einem gestreckten Herstellungsvorgang, wie vorliegend bei dem im Jahre 2003 begonnenen und 2004 fertiggestellten Einfamilienhaus. Wie der Senat bereits entschieden hat kommt es wegen des Grundsatzes des Sofortabzugs der Vorsteuer hinsichtlich der beabsichtigten privaten oder nichtunternehmerischen Verwendung für die Zuordnungsentscheidung zum Unternehmen der Klägerin auf das Jahr des Leistungsbezuges an. Die Zuordnungsentscheidung kann nicht in späteren Zeiträumen (etwa nach Fertigstellung des Hauses) nachgeholt werden.

Die im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu treffende Zuordnungsentscheidung des Unternehmers wird in der Regel in der Umsatzsteuer-Voranmeldung des Voranmeldungszeitraums, in den der Leistungsbezug fällt, spätestens aber –mit endgültiger Wirkung– in der zeitnah erstellten Umsatzsteuerjahreserklärung erfolgen, wobei eine “zeitnahe” Dokumentation der Zuordnungsentscheidung nur dann vorliegt, wenn diese bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen dem Finanzamt –also bis zum 31. Mai des Folgejahres– gegenüber abgegeben wurde .

Im Streitfall wurde nach den Feststellungen des FG die Umsatzsteuerjahreserklärung für das Streitjahr am 17. März 2005 abgegeben, somit erst nach Ablauf des 31. Mai 2004. Es fehlen Feststellungen des FG dazu, ob –entsprechend der Behauptung der Klägerin– sich eine Zuordnungsentscheidung ausdrücklich oder sinngemäß aus den Voranmeldungen der Klägerin entnehmen lässt. Diese Feststellungen hat das FG bei seiner erneuten Entscheidung nachzuholen.

Ergibt sich aus den Voranmeldungen mangels Vorsteuerabzugs für den Wohnteil keine rechtzeitige Zuordnungsentscheidung, ist der Vorsteuerabzug zu versagen. Liegt eine rechtzeitige Zuordnungsentscheidung hingegen vor, ist weiter zu prüfen, ob die Klägerin beabsichtigte, die Wohnräume für Zwecke einer –den Vorsteuerabzug ausschließenden– steuerfreien Vermietung.

Vorsteuerausschluss bei Aufwendungen für Yachten

Der Vorsteuerausschluss gemäß § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG für Aufwendungen für Segelyachten und Motoryachten steht sowohl hinsichtlich der laufenden Aufwendungen als auch hinsichtlich der Erwerbskosten im Einklang mit dem Unionsrecht, weil diese Regelung bereits bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG im deutschen UStG verankert gewesen ist und somit von der sog. Stillhalteklausel des Art. 176 MwStSystRL umfasst wird.

Die Versagung der Umsatzsteuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung nach den Grundsätzen des EuGH-Urteils “R” setzt voraus, dass der Lieferer sich vorsätzlich an einer Steuerhinterziehung des Erwerbers beteiligt. Das gilt auch für ein innergemeinschaftliches Verbringen i.S. von § 6a Abs. 2, § 3 Abs. 1a UStG.

BFH  Urteil vom 21.5.2014, V R 34/13

Begründung:

Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um die Steuerbefreiung des einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichstehenden innergemeinschaftlichen Verbringens der Yacht A nach §§ 4 Nr. 1 Buchst. b, 6a Abs. 2 UStG zu versagen.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer unter anderem die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, in Abzug bringen. Nicht abziehbar sind jedoch gemäß § 15 Abs. 1a UStG die Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gilt, entfallen.

Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG umfasst u.a. Aufwendungen für Segelyachten oder Motoryachten sowie für ähnliche Zwecke. Das gilt nach § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG nicht, wenn diese Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.

Denn selbst wenn die Klägerin die Yacht B i.S. des § 15 Abs. 1 UStG für ihr Unternehmen bezogen haben sollte, fallen die Aufwendungen für deren Erwerb –wie das FG zu Recht entschieden hat– unter das Vorsteuerabzugsverbot des § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG (aa); die Vorschrift des § 15 Abs. 1a UStG ist auch anwendbar

Ob, wie das FG meint, als objektiver Anhaltspunkt für das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht bei der Vercharterung einer Yacht der vorliegenden Größenordnung nur eine Markt-/Wirtschaftlichkeitsanalyse in Betracht kommt, braucht der Senat nicht zu entscheiden, weil sowohl nach den Feststellungen des FG als auch nach Aktenlage und dem Vortrag der Klägerin im Revisionsverfahren keine anderen objektiven Anhaltspunkte für eine Gewinnerzielungsabsicht ersichtlich sind.

Verwendung eines mit hälftigem Vorsteuerabzug erworbenen PKW für private Zwecke

Macht ein Unternehmen in Besteuerungszeiträumen ab 2004 aus Eingangsleistungen für die Miete oder den Betrieb eines sowohl unternehmerisch als auch privat genutzten PKW, der nach dem 31. März 1999 und vor dem 1. Januar 2004 angeschafft wurde, den vollen Vorsteuerabzug geltend, ist die Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe nicht nach § 3 Abs. 9a Satz 2 UStG a.F. ausgeschlossen.

BFH Urteil vom 5.3.2014, XI R 29/12

Begründung:

Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Nutzung des PKW zu privaten Zwecken insoweit als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer unterliegt, als der Kläger in den Streitjahren Eingangsleistungen für den Betrieb des PKW bezog und die darauf entfallenden Vorsteuerbeträge abziehbar waren.

Das FG hat –für den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend– festgestellt, dass der Kläger den dem Unternehmen zugeordneten PKW in den Streitjahren auch für private Zwecke nutzte. Diese Verwendung unterliegt nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe insoweit der Umsatzsteuer, als die Aufwendungen für den Betrieb des Fahrzeugs zum Vorsteuerabzug berechtigten.

 

Zum Gutglaubensschutz beim Vorsteuerabzug

Das Erlassverfahren dient grundsätzlich nicht dazu, angebliche oder tatsächliche Mängel des Festsetzungsverfahrens zu korrigieren. Ein Erlass bestandskräftig festgesetzter Steuern wegen sachlicher Unbilligkeit kann daher nur gewährt werden, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig falsch ist und es dem Steuerpflichtigen nicht möglich und nicht zumutbar war, sich rechtzeitig gegen die angebliche Fehlerhaftigkeit zu wehren.

Wenn die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nicht vorliegen, kommt unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes ein Vorsteuerabzug im Billigkeitsverfahren in Betracht.

BFH Beschluss vom 05.03.2014 – VB 14/13 BFHNV BFHNV 2014 S. 918 ff.

Begründung:

Zum einen ist geklärt, dass das Erlassverfahren grundsätzlich nicht dazu dient, angebliche oder tatsächliche Mängel des Festsetzungsverfahrens zu korrigieren. Ein Erlass bestandskräftig festgesetzter Steuern wegen sachlicher Unbilligkeit kann daher nur gewährt werden, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig falsch ist und es dem Steuerpflichtigen nicht möglich und nicht zumutbar war, sich rechtzeitig gegen die angebliche Fehlerhaftigkeit zu wehren. Im Festsetzungsverfahren hat das Finanzgericht (FG) die Klage durch Urteil abgewiesen

Nach der Rechtsprechung des BFH ist außerdem geklärt, dass unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes ein Vorsteuerabzug im Billigkeitsverfahren in Betracht kommt, wenn die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nicht vorliegen.

Feststellungslast beim Vorsteuerabzug

Im Hinblick auf das tatsächliche Bewirken von Lieferungen muss derjenige, der den Vorsteuerabzug vornehmen möchte, nachweisen, dass er die Voraussetzungen hierfür erfüllt.

BFH Beschluss vom 26.02.2014 – V S 1/14 (PKH) BFHNV 2014 S. 918

Begründung:

Die Klägerin wirft mit ihrer Beschwerde die Rechtsfrage auf, wer für den Vorsteuerabzug nach § 15 des Umsatzsteuergesetzes die “Beweislast” zu tragen hat und verweist dabei auf das Urteil des Gerichtshofs des Europäischen Union (EuGH) vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11, Mahagében und Dávid (Umsatzsteuer-Rundschau 2012, 591), wonach der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) objektive Umstände nachzuweisen habe, aus denen sich ergebe, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm bezogene Eingangsumsatz in eine Steuerhinterziehung einbezogen war.

Die von der Klägerin aufgeworfene Frage ist im Streitfall nicht klärbar. Denn das Finanzgericht hat die Klageabweisung damit begründet, die in Rechnung gestellten Leistungen seien tatsächlich nicht ausgeführt worden.

Insoweit trägt der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH die Feststellungslast. Denn zur Frage, ob “die tatsächliche Bewirkung” von Lieferungen feststeht, hat der EuGH mit Urteil vom 18. Juli 2013 C-78/12, Evita K (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2013, 857, Rdnr. 37) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass “derjenige, der einen Vorsteuerabzug vornehmen möchte, nachweisen muss, dass er die Voraussetzungen hierfür erfüllt”.

Zudem hat der EuGH mit Beschluss vom 4. Juli 2013 C-572/11, Menidzherski biznes reshenia 00D (juris) entschieden, dass es Art. 168 Buchst. a und Art. 203 der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG nicht verbieten, dass dem Empfänger einer Rechnung der Vorsteuerabzug versagt wird, wenn die Umsätze, auf die sich die Rechnung bezieht, nicht tatsächlich bewirkt worden sind, auch wenn die Gefährdung des Steueraufkommens dadurch beseitigt ist, dass der Aussteller der betreffenden Rechnung die darin ausgewiesene Mehrwertsteuer abgeführt hat. Dabei ist es Sache des vorlegenden Gerichts, gemäß den nationalen Beweisführungsregeln alle Gesichtspunkte und tatsächlichen Umstände umfassend zu beurteilen. Damit bleibt es für die Frage, ob eine Lieferung ausgeführt wurde, entsprechend der bisherigen BFH-Rechtsprechung bei der Feststellungslast des den Vorsteuerabzug beanspruchenden Unternehmers.

Zuordnungsentscheidung beim Vorsteuerabzug eines gemischt genutzten Gebäudes

Durch die Rechtsprechung des BFH ist geklärt,

  • dass Objekt für die Zuordnung zum Unternehmensvermögen das gemischt genutzte Gebäude und nicht das darin enthaltene einzelne Appartement ist,
  • dass eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen nicht entsprechend einer früheren Verwaltungsregelung fingiert werden kann, und
  • dass der Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung (31. Mai des Folgejahres) nach dem BFH-Urteil nicht “gegen den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung” verstößt.

BFH Beschluss vom 25.02.2014 – VB 75/13 BFHNV 2014 S. 914

Begründung:

Ist ein Gegenstand,nwie im Streitfall nach den den Senat bindenden Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ein ehemaliges Einfamilienhaus, das im Streitjahr 2008 zu einem Haus mit mehreren, teilweise selbstgenutzten, teilweise zur Vermietung bestimmten Appartements umgebaut wurde, sowohl für den unternehmerischen als auch für den nichtunternehmerischen Bereich des Unternehmers vorgesehen (gemischte Nutzung), wird der Gegenstand nur dann für das Unternehmen bezogen, wenn und soweit der Unternehmer ihn seinem Unternehmen zuordnet.

Insoweit hat der Unternehmer nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH ein Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen oder ihn in vollem Umfang in seinem Privatvermögen belassen oder den Gegenstand entsprechend dem-geschätzten unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen.

Zuordnungsgegenstand sind nicht die einzelnen Appartements, sondern das gesamte, gemischt genutzte Gebäude. Nach der Würdigung des FG können die Appartements innerhalb eines einheitlichen Wohngebäudes auch nicht mit einem Anbau verglichen werden, der zu dem übrigen Gebäude abgrenzbar ist und mit dem kein einheitlicher Funktions- und Nutzungszusammenhang besteht.

Geklärt ist zudem, dass auch dann, wenn ein Wohnungsteil nicht privat genutzt werden kann, es dem Unternehmer gleichwohl freisteht, diesen unternehmerischen Teil als Privatvermögen zu behandeln, sodass eine Zuordnungsentscheidung nicht entbehrlich ist.

Weiterhin ist bereits geklärt, dass eine Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensvermögen nicht entsprechend der früheren Verwaltungsanweisung in Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 Buchst. b der Umsatzsteuer-Richtlinien 2000 bei unternehmerischer Nutzung unterstellt werden kann. Für eine derartige Zuordnungsfiktion fehlt nicht nur eine gesetzliche Grundlage, sie widerspricht auch der ständigen BFH-Rechtsprechung, wonach bei fehlenden Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum Unternehmen diese Zuordnung nicht unterstellt werden kann.

Der BFH hat auch bereits entschieden, dass diese –im Übrigen bereits mit Erlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 30. März 2004 (BStBl I 2004, 451) und damit vor dem Streitjahr 2008 längst aufgehobene– Regelung als norminterpretierende Verwaltungsregelung von den Gerichten bei der Steuerfestsetzung nicht wegen des Grundsatzes der Selbstbindung der Verwaltung zu beachten ist. Dasselbe gilt auch für den Zeitpunkt der “zeitnah” zu treffenden Zuordnungsentscheidung, den der BFH durch Bezugnahme auf den Ablauf des 31. Mai des Folgejahres konkretisiert hat.  Es ist jedoch geklärt, dass Verwaltungserlasse die Gerichte im Festsetzungsverfahren nicht binden